II. Internet - Grundsätzliches, Zahlen und Fakten

Für viele ist es bereits binnen weniger Monate seit den ersten Schritten im Netz zur Alltäglichkeit geworden, Mails abzurufen oder sich Informationen aus dem Internet zu besorgen. Wenn man das Internet heute mit all seinen Werbebannern, Geschäftschancen, der riesigen Datenmenge und den Onlinefirmen betrachtet, könnte man den Eindruck gewinnen, das Internet sei zusätzlich zu Radio, Fernsehen und Zeitung von vorneherein als weiteres Vermarktungs- und Informationsmedium geschaffen worden.

Doch tatsächlich hat das Internet seine Ursprünge aus den Zeiten des kalten Krieges im Militärbereich. Im Jahre 1969 gründete die US-Regierung die sogenannte ARPA. ARPA steht für advanced research projects agency und ist der Name der Koordinierungsstelle, die für Entwicklung neuer Technologien auf dem Rüstungssektor zuständig war. Von Finanzmitteln der ARPA unterstützt und nur durch relativ geringes Hinterfragen des exakten Nutzen für das Militär konnten Wissenschaftler neue Projekte entwickeln. Um möglichst viele Wissenschaftler an einem Projekt unabhängig von räumlicher Trennung zusammenarbeiten zu lassen, gründete die ARPA ein Büro, das sich mit geeigneten Techniken auseinandersetzen sollte, die diese Distanz überwinden sollten: das Information Processing Technique Office IPTO.

Eine Vision dieser Vereinigung war es, die damals nur an wenigen Standorten vorhandenen Großrechner möglichst vielen Benutzern durch Vernetzung zur Verfügung zu stellen und damit ihre Arbeit einfacher zu gestalten. Geplant war, eine dezentral organisierte Rechnerstruktur in Form eines Spinnennetzes aufzubauen anstatt der üblichen sternförmigen Vernetzung hin zu einem Hauptrechner (vgl. Musch, 1998, S. 18). So können mehrere Wege zum Zielrechner führen und die Funktion auch bei Ausfällen von einzelnen Knotenpunkten gewährleisten.

Eigentlich erdacht, um der Wissenschaft einfachen Zugang zu Rechner- und Forschungsressourcen zu ermöglichen, konnte mit dieser Argumentation auch die US-Regierung und die Mittel der ARPA für das Projekt gewonnen werden: Denn durch den spinnennetzartigen Aufbau existieren im Angriffsfall immer mehrere Wege von Start- zu Zielrechner , so daß ein kompletter Ausfall der Kommunikation und somit die Steuerung von Militär nur durch die Zerstörung aller einzelnen Rechnereinheiten zu erzielen ist - relativ unwahrscheinlich, da die Rechner dieses Spinnennetzes ja über den ganzen Kontinent verteilt stehen sollten. (vgl. Reichardt, 2001, S. 24)

Dieses System, das bisher nur für die einzige beiden Anwendungen telnet (telecommunications network, eine Anwendung zur Steuerung fremder Rechner) und ftp (file transfer protocol, Austausch von Daten mit anderen Rechnern) beherrschte, wurde weit weniger genutzt als es eigentlich hätte leisten können. Das änderte sich jedoch mit der 1971 geschaffenen Möglichkeit, emails mit spezieller Software zu senden und zu empfangen. Durch die von diesem Zeitpunkt an entstehenden Mailinglisten ergänzt, erfuhr das ARPAnet, wie das Internet noch immer hieß, seinen bis dahin größten Ansturm - jedoch noch immer auf Universitäts- und Forschungskreise beschränkt.

Durch übertragen von Daten mittels Satellitenverbindung und Radiowellen fand sich bis 1973 die Möglichkeit, einzelne Netze rund um die Welt zusammenzuschließen, und Anfang der Achtziger Jahre entstand durch das Usenet, auf welches im folgenden Kapitel noch genauer eingegangen wird, ein weiterer wichtiger Nutzungsbereich des Netzes, ebenso wie durch den Internet Relay Chat IRC Ende der Achtziger Jahre (vgl. Musch 1998, S. 19ff) .

Das WWW mit den verschiedenen Webseiten wird gemeinhin als das "Internet" bezeichnet, doch durch die bereits oben beschriebenen, meist heute noch rege genutzten Dienste des Internet wird deutlich, daß das WWW nur ein kleiner Teil des Internet ist. Das den Webseiten zugrundeliegende Konzept wurde erst 1991 von Tim Berners-Lee entwickelt, mit dem Ziel, Informationen im Netz anzubieten, zwischen deren einzelnen Darstellungsseiten durch einen Klick auf einen Hyperlink gewechselt werden kann, ohne daß der Benutzer über großes technisches Wissen verfügen muß (vgl. Musch, 1998, S. 23).

Nicht zuletzt durch die Möglichkeit der graphischen Darstellung und der einfachen Bedienbarkeit war der Grundstein für den endgültigen Durchbruch des Internet auch für die breite Bevölkerung gelegt, wie auch die stetig steigenden Nutzerzahlen belegen: Die erste W3B-Umfrage unter deutschsprachigen Internetnutzern im Jahr 1995 (vgl. Fittkau & Maaß 1995) unter 1.880 deutschen Internetnutzern zeigte einen großen Anteil von Akademikern und Studierenden unter den Surfern: über drei Viertel von ihnen haben einen Fachhochschul- oder Universitätsabschluß bzw. streben diesen gerade an. Die zum Erstellungszeitpunkt dieser Arbeit aktuellste W3B-Umfrage im Herbst 2001 (vgl. Fittkau & Maaß 2001) konnte bereits 96.611 WWW-Nutzer mit der Befragung erreichen, von denen mit 43,2% der größte Teil als höchsten Schulabschluß "Lehre/Ausbildung" angibt und daher wohl zum überwiegenden Teil nicht über eine Hochschuleinwahl, sondern über privaten Zugang ins Internet gelangt.

Der Vergleich der sechs Jahre auseinanderliegenden Studien zeigt auch durch den steigenden Anteil von Frauen (von 6,2% auf 34,8%) und dem höheren Durchschnittsalter der Netznutzer (26 Jahre 1995 gegenüber 65,5% der Nutzer über 29 Jahre in 2001), daß der typische Internetnutzer zunehmend dem Querschnitt der Bevölkerung entspricht und daß das Netz weder der Spielplatz experimentierfreudiger Technikbegeisterter noch ausschließlich Informationsmedium für Studierende und Wissenschaftler ist.

weiter zu Kapitel III

 


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