Diplomarbeit von Nadine Peetz, eingereicht im Januar 2002 an
der Otto-Friedrich-Universität Bamberg,
überarbeitete und aktualisierte Fassung
veröffentlicht im Juli 2002 unter
http://www.nadine-peetz.de
Kontakt: nadine-peetz@web.de
1. Email
2. Usenet
3. Mailinglisten
4. Foren
5. IRC und Web-Chats
6. ICQ, Instant Messenger und Co.
7. Homepages
8. Weblogs und Tagebücher
1. Schnelle, zeitunabhängige und permanente Verfügbarkeit von Informationen
2. Kommunikation und Information trotz räumlicher Distanz
3. Niedrigschwelligkeit und selbstbestimmte Intensität des Austausches
4. geschützte Räume, Anonymität und Kontrolle der Selbstpräsentation
5. Kompetenz durch eigene Betroffenheit
6. Emotionale Wärme und persönliche Kontakte
1. Sprache als Voraussetzung
2. "falsche" Identitäten
3. Materialflut und Filtern und Informationen
4. Internetabhängigkeit
5. Datenschutz und Sicherheit im Internet
6. Technische und finanzielle Grenzen
7. Barrierefreies Internet
1. Portale
2. Private Seiten
3. Austausch und Kommunikation
4. Linklisten
1. Nutzerzahlen
2. Sicherheit
3. Medienkompetenz
1. Interaktion Betroffener im Internet als Ersatz für professionelle Hilfe?
2. Austausch im Internet als Selbsthilfe
3. Fazit
The Internet is like a giant jellyfish.
You can't step on it. You can't go around it.
You've got to get through it.
(John Evans)
Seit einigen Jahren ist das Internet zumindest in der westlichen Welt zu einem
Massenmedium geworden. Es liefert günstig und schnell Informationen, eröffnet
neue Kommunikationswege und Kontaktmöglichkeiten. Technische Begriffe wie "Browser",
"High-Speed-Zugang" und "Firewall" sind schon
lange nicht mehr Worte aus der Geheimsprache einer handvoll technikbegeisterter
Profis und Laien - der eigene Internetanschluß und die persönliche Email-Adresse
ist inzwischen für viele ein Stück Normalität und Alltag geworden.
Die Vielfalt der Angebote und die Aktualität der Informationen, die im Internet zu finden sind, läßt es zu einem vielgenutzten Instrument werden, das seine Faszination immer wieder aufs Neue unter Beweis stellt. So ging es auch mir, als ich Ende 1998 das Internet für mich entdeckte und mir nach und nach dieses neue Medium erarbeitete. Inzwischen ist es für mich zu einem festen Bestandteil meines Lebens geworden, immer wieder entdecke ich im Netz Neues und Spannendes, so daß es für mich nur ein logischer Schritt war, das Internet zum Thema meiner Diplomarbeit zu machen.
Mein Schwerpunkt im Hauptstudium war das Thema Selbsthilfe, und es lag für mich nahe, diese beiden Themen zu verknüpfen: Das Internet als Medium, in dem man selbst recherchiert, das niedrigschwellig Informationen bietet und in dem man sich ohne lange Wege von zu Hause aus mit Gleichgesinnten zusammenschließen kann, erschien mir als guter Weg für Betroffene, sich im wahrsten Sinne des Wortes "selbst zu helfen", und es tauchte die Frage auf, was genau das Internet nun den Suchenden bieten kann und wo das Internet an seine Grenzen stößt.
Die Arbeit ist in acht große Bereiche gegliedert:
In dieser Arbeit soll es ausschließlich um die Kommunikation unter betroffenen Laien gehen; Die professionelle Beratung via Internet wirft meines Erachtens andere Fragestellungen auf als der Austausch von Betroffenen untereinander über ihre jeweiligen Themen und ist ein zu komplexes Thema, um hier zusätzlich mit bearbeitet werden zu können. Die Fragen und Anforderungen für professionelle Beratung via Internet wurde an anderen Stellen bereits untersucht (vgl. z. B. Lorz 2000 oder Schöppe 1998).
Mein Hauptaugenmerk richte ich auf die Angebote in deutscher Sprache. Wenn die Hauptsprache des Internet auch englisch ist, so gibt es doch viele Nutzer im deutschsprachigen Raum, die aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse englischsprachige Internetangebote nicht nutzen können oder sich auf deutschen Informations- und Interaktionsangeboten sicherer fühlen, gerade, wenn es darum geht, selbst aktiv teilzunehmen.
Ich kann nicht garantieren, daß Seiten, die ich im Text selbst und im Literaturverzeichnis
angegeben habe, auch zu einem späteren Zeitpunkt noch verfügbar sind. Um die
Gefahr von "toten Links" möglichst gering zu halten, habe ich versucht,
besonders Verweise zu großen Seiten anzugeben, bei denen die Gefahr, daß das
Angebot in nächster Zeit vom Netz genommen wird, relativ gering ist.
Alle angegebenen Links in Fußnoten und im Literaturverzeichnis wurden im Juli
von mir auf ihre Funktion überprüft.
Zugunsten der übersichtlichkeit habe ich auf die weiblichen Schreibweisen verzichtet und mich größtenteils auf die männliche Schreibweise beschränkt, die jedoch gedanklich beide Geschlechter umfaßt; Ebenso verzichte ich aus Gründen der Lesbarkeit auf Bezeichnungen wie "UserInnen".
Für viele ist es bereits binnen weniger Monate seit den ersten Schritten im Netz zur Alltäglichkeit geworden, Mails abzurufen oder sich Informationen aus dem Internet zu besorgen. Wenn man das Internet heute mit all seinen Werbebannern, Geschäftschancen, der riesigen Datenmenge und den Onlinefirmen betrachtet, könnte man den Eindruck gewinnen, das Internet sei zusätzlich zu Radio, Fernsehen und Zeitung von vorneherein als weiteres Vermarktungs- und Informationsmedium geschaffen worden.
Doch tatsächlich hat das Internet seine Ursprünge aus den Zeiten des kalten Krieges im Militärbereich. Im Jahre 1969 gründete die US-Regierung die sogenannte ARPA. ARPA steht für advanced research projects agency und ist der Name der Koordinierungsstelle, die für Entwicklung neuer Technologien auf dem Rüstungssektor zuständig war. Von Finanzmitteln der ARPA unterstützt und nur durch relativ geringes Hinterfragen des exakten Nutzen für das Militär konnten Wissenschaftler neue Projekte entwickeln. Um möglichst viele Wissenschaftler an einem Projekt unabhängig von räumlicher Trennung zusammenarbeiten zu lassen, gründete die ARPA ein Büro, das sich mit geeigneten Techniken auseinandersetzen sollte, die diese Distanz überwinden sollten: das Information Processing Technique Office IPTO.
Eine Vision dieser Vereinigung war es, die damals nur an wenigen Standorten vorhandenen Großrechner möglichst vielen Benutzern durch Vernetzung zur Verfügung zu stellen und damit ihre Arbeit einfacher zu gestalten. Geplant war, eine dezentral organisierte Rechnerstruktur in Form eines Spinnennetzes aufzubauen anstatt der üblichen sternförmigen Vernetzung hin zu einem Hauptrechner (vgl. Musch, 1998, S. 18). So können mehrere Wege zum Zielrechner führen und die Funktion auch bei Ausfällen von einzelnen Knotenpunkten gewährleisten.
Eigentlich erdacht, um der Wissenschaft einfachen Zugang zu Rechner- und Forschungsressourcen zu ermöglichen, konnte mit dieser Argumentation auch die US-Regierung und die Mittel der ARPA für das Projekt gewonnen werden: Denn durch den spinnennetzartigen Aufbau existieren im Angriffsfall immer mehrere Wege von Start- zu Zielrechner , so daß ein kompletter Ausfall der Kommunikation und somit die Steuerung von Militär nur durch die Zerstörung aller einzelnen Rechnereinheiten zu erzielen ist - relativ unwahrscheinlich, da die Rechner dieses Spinnennetzes ja über den ganzen Kontinent verteilt stehen sollten. (vgl. Reichardt, 2001, S. 24)
Dieses System, das bisher nur für die einzige beiden Anwendungen telnet (telecommunications network, eine Anwendung zur Steuerung fremder Rechner) und ftp (file transfer protocol, Austausch von Daten mit anderen Rechnern) beherrschte, wurde weit weniger genutzt als es eigentlich hätte leisten können. Das änderte sich jedoch mit der 1971 geschaffenen Möglichkeit, emails mit spezieller Software zu senden und zu empfangen. Durch die von diesem Zeitpunkt an entstehenden Mailinglisten ergänzt, erfuhr das ARPAnet, wie das Internet noch immer hieß, seinen bis dahin größten Ansturm - jedoch noch immer auf Universitäts- und Forschungskreise beschränkt.
Durch übertragen von Daten mittels Satellitenverbindung und Radiowellen fand sich bis 1973 die Möglichkeit, einzelne Netze rund um die Welt zusammenzuschließen, und Anfang der Achtziger Jahre entstand durch das Usenet, auf welches im folgenden Kapitel noch genauer eingegangen wird, ein weiterer wichtiger Nutzungsbereich des Netzes, ebenso wie durch den Internet Relay Chat IRC Ende der Achtziger Jahre (vgl. Musch 1998, S. 19ff) .
Das WWW mit den verschiedenen Webseiten wird gemeinhin als das "Internet" bezeichnet, doch durch die bereits oben beschriebenen, meist heute noch rege genutzten Dienste des Internet wird deutlich, daß das WWW nur ein kleiner Teil des Internet ist. Das den Webseiten zugrundeliegende Konzept wurde erst 1991 von Tim Berners-Lee entwickelt, mit dem Ziel, Informationen im Netz anzubieten, zwischen deren einzelnen Darstellungsseiten durch einen Klick auf einen Hyperlink gewechselt werden kann, ohne daß der Benutzer über großes technisches Wissen verfügen muß (vgl. Musch, 1998, S. 23).
Nicht zuletzt durch die Möglichkeit der graphischen Darstellung und der einfachen Bedienbarkeit war der Grundstein für den endgültigen Durchbruch des Internet auch für die breite Bevölkerung gelegt, wie auch die stetig steigenden Nutzerzahlen belegen: Die erste W3B-Umfrage unter deutschsprachigen Internetnutzern im Jahr 1995 (vgl. Fittkau & Maaß 1995) unter 1.880 deutschen Internetnutzern zeigte einen großen Anteil von Akademikern und Studierenden unter den Surfern: über drei Viertel von ihnen haben einen Fachhochschul- oder Universitätsabschluß bzw. streben diesen gerade an. Die zum Erstellungszeitpunkt dieser Arbeit aktuellste W3B-Umfrage im Herbst 2001 (vgl. Fittkau & Maaß 2001) konnte bereits 96.611 WWW-Nutzer mit der Befragung erreichen, von denen mit 43,2% der größte Teil als höchsten Schulabschluß "Lehre/Ausbildung" angibt und daher wohl zum überwiegenden Teil nicht über eine Hochschuleinwahl, sondern über privaten Zugang ins Internet gelangt.
Der Vergleich der sechs Jahre auseinanderliegenden Studien zeigt auch durch den steigenden Anteil von Frauen (von 6,2% auf 34,8%) und dem höheren Durchschnittsalter der Netznutzer (26 Jahre 1995 gegenüber 65,5% der Nutzer über 29 Jahre in 2001), daß der typische Internetnutzer zunehmend dem Querschnitt der Bevölkerung entspricht und daß das Netz weder der Spielplatz experimentierfreudiger Technikbegeisterter noch ausschließlich Informationsmedium für Studierende und Wissenschaftler ist.
Bereits im vorhergehenden Abschnitt wird klar, daß durch das Internet mehrere Wege zum Datenaustausch und zur Kommunikation möglich werden. Sie unterscheiden sich von einander im Hinblick auf ihre Bedienung und Komfortabiliät, die Möglichkeit der Gestaltung der Nachrichten, die dafür nötige technische Ausstattung und die Zahl der Teilnehmer.
Im Nachfolgenden beschreibe ich diese unterschiedlichen Anwendungen, sofern
sie primär zur Kommunikation und zur verbalen Informationsübermittlung dienen;
Programme und Dienste, die vornehmlich für den Datenaustausch geschaffen sind
wie etwa Napster und ftp oder die heute zunehmend seltener oder
gar nicht mehr zur Anwendung kommen wie telnet und gopher, werden
hier nicht berücksichtigt.
Was genau diese unterschiedlichen Kommunikationswege im Hinblick auf den Austausch
unter Betroffenen leisten können, wird in Teil V dieser Arbeit erläutert.
Die Email war die erste Anwendung, die dem damaligen ARPAnet den ersten großen Popularitätsschub bescherte. Es schien, als habe das Bedürfnis des Menschen, schnell und problemlos zu kommunizieren und sich unabhängig von räumlicher Distanz mit anderen auszutauschen, dieses Netz, das ursprünglich nur zur Rechner- und Ressourcenvernetzung und zum Austausch von Daten geschaffen wurde, erst richtig interessant gemacht (vgl. Musch, 1998, S. 19f.).
Voraussetzung für die Nutzung von Email ist der Zugang (Account) auf einen bestimmten Mailserver, der Versenden und Empfangen der Daten möglich macht. Abhängig von Account- und Servername bildet sich die entsprechende Mailadresse des Benutzers, getrennt durch das @-Zeichen (zum Beispiel: nadine-peetz@web.de). Wenn auch viele kostenlose Mailanbieter den Emailabruf auf ihrer jeweiligen Webseite anbieten, so ist doch der Empfangen, Entwerfen und Versenden von Mails mit einem entsprechenden und oft kostenlos erhältlichen Emailprogramm wie etwa Eudora oder Pegasusmail deutlich komfortabler (vgl. Krüger & Funke, 1998, S. 13).
Absehen von der Schnelligkeit und der einfachen Bedienung des Mediums hat Email gegenüber anderen Kommunikationswegen wie etwa Telephon den Vorteil, daß die Nachricht auf dem Mailserver des Anbieters liegt und dann vom Empfänger in einer ihm passenden Zeit abgerufen und beantwortet werden kann (vgl. Reichhardt 2001, S. 28): Mit einer Mail erreiche ich jemanden, ohne daß er dafür zuhause sein muß, und ich störe ihn nicht wie etwa bei einem Anruf während einer wichtigen Tätigkeit.
Einen weiteren Vorteil bietet Email durch die Möglichkeit, unterschiedlichste
Daten an die Mail anzuhängen und so etwa Arbeitsvorlagen zu bearbeiten und dann
an das Team weiterzuleiten oder auch den entfernt wohnenden Freunden die Bilder
vom letzten Urlaub zu zeigen.
Daß solche Anhänge auch zerstörerische Informationen und Programme enthalten
können, wird in den Teilen VI 5 und VIII 2 dieser Arbeit gezeigt.
Die sogenannten Newsgroups, aus denen das Usenet besteht, nutzen Email als Basis. Die an eine Newsgroup versandten Mails landen auf einem Newsserver, der diese Nachrichten verwaltet (vgl. Reichardt 2001, S. 29) und zum Abruf mit den meisten Emailprogrammen, einem speziellen Newsreader oder inzwischen auch online auf Internetseiten zur Verfügung stellt (zum Beispiel bei web.de unter http://newsgroups.web.de/ oder google unter http://www.google.de/grphp). Beiträge, die an Newsgroups verschickt wurden, sind also für jeden Internetbenutzer zugänglich, solange sie noch auf dem Newsserver liegen.
Aufgeteilt sind diese Newsgroups nach Themen:sci.psychology.psychotherapy
etwa besagt, daß sich die Gruppe mit einem wissenschaftlichen Thema befaßt (sci), nämlich mit Psychologie (psychology), und noch genauer mit Psychotherapie (psychotherapy) - die Eingrenzung des Themas der Gruppe erfolgt also von links nach rechts. Diese Gruppen sind ebenso wie Gruppen mit den ersten Namensbestandteilen rec (recreation = Unterhaltung und Freizeit), comp (Computer und EDV) oder talk (persönliche Kontakte) englischsprachig.Das Usenet ist neben Email und Mailinglisten einer der ältesten heute noch genutzten Dienste des Internet und wird seit rund zwanzig Jahren intensiv frequentiert. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum sich dort eine ganz eigene Kultur der Kommunikation entwickelt hat, die Neulingen zuweilen fremdartig vorkommen mag. Hingewiesen sei hier auf die Punkte der Netiquette im Usenet, die einige Umgangsformen im Netz festlegt und deren Lektüre neuen Nutzern regelmäßig ans Herz gelegt wird, wenn sie die erfahrenen Benutzer zum xten Mal nach Zitierregeln im Usenet fragen oder gegen die Regeln verstoßen.
Neben anderen Informationen wie FAQ [frequently asked questions] und dem Glossar, das usenetspezifische Begriffe Ausdrücke erläutert, ist diese Netiquette jedem Usenetbenutzer zugänglich (news://de.newusers.info). Unter anderem zeigt sich hier der usenetinterne Jargon, der sich inzwischen auch teilweise auf andere Internetbereiche übertragen hat. Als Beispiel mögen hier Abkürzungen wie "imho" (in my humble opinion - meiner bescheidenen Meinung nach), DAU (dümmster anzunehmender User) oder Ausdrücke wie "jemanden plonken" (seine Beiträge nicht mehr lesen, nachdem jemand häufiger unangenehm aufgefallen ist) dienen, von denen viele weitere mehr existieren.
Auch bei Mailinglisten dient wieder Email als Basis. Im Gegensatz zum Usenet, dessen Beiträge jedem Nutzer zugänglich sind, steht vor der Teilnahme an einer Mailingliste ein Anmeldeverfahren. Mailinglisten bilden sich zu bestimmten Themen. über den Koordinator der Liste wird die Teilnahme an der Liste beantragt. Ist diese Anmeldung erfolgt, bekommt der Teilnehmer alle Beiträge per Mail, die an diese Mailingliste verschickt werden, und ebenso werden seine Mails an die Liste an alle anderen Mitglieder versandt. Technisch wird dies über einen zentralen Mailserver organisiert, der alle Nachrichten an eine bestimmte Gruppe, z. B. AngstundPanik@yahoogroups.de, sammelt und wieder an alle Mitglieder der Liste verteilt (Reichardt 2001, S. 28).
Die Kriterien bei der Auswahl neuer Mitglieder wird von Liste zu Liste unterschiedlich gehandhabt. So gibt es etwa zu manchen Themen Listen, bei denen eine leere Mail an den Listenserver ausreicht, um teilnehmen zu können. In anderen Listen verlangt der Moderator eine kurze Vorstellung des potentiellen neuen Mitgliedes und eine Begründung, warum er an dieser Liste teilnehmen möchte, wie etwa bei der oben erwähnten Angst- und Panikliste. Das kann geschehen, um einen gewissen fachlichen Qualitätsstandard zu erreichen bzw. zu erhalten, oder aber auch, um unerwünschte Mitleser und Schnüffler aus Listen mit sensiblen Themen herauszuhalten und so den Betroffenen einen geschützten Raum bieten zu können (vgl. Weber 1998, S. 91).
Foren und sogenannte "Schwarze Bretter" im WWW bieten weit weniger
Anonymität und Schutz vor unerwünschten Lesern, wenn sie nicht durch Passwortabfrage
oder ähnliche Authentifizierungstechniken nur einem bestimmten Personenkreis
zugänglich gemacht werden. Die Beiträge, die über Eingabeformulare auf der jeweiligen
Webseite abgeschickt und veröffentlicht werden, sind in ihrer Reihenfolge häufig
so strukturiert, daß einfach nachzuvollziehen ist, welche Beiträge sich in welcher
Reihenfolge auf einen jeweiligen Ursprungsbeitrag beziehen (vgl. Kestler 1998,
S. 34 f.).
In den fast allen Fällen hat der Betreiber des Forums die Möglichkeit, einzelne
Beiträge zu löschen, wenn sie etwa diskriminierende oder gesetzeswidrige Inhalte
aufweisen.
Beispiele für solche Foren zu den verschiedensten Themen gibt es im WWW reichlich. Besonders komfortabel zu bedienen sind sogenannte bulletin board systems (BBS), die mehrere Foren zu verwandten Themen anbieten, zwischen denen durch ein Auswahlmenü einfach per Mausklick gewechselt werden kann, ohne eine neue Internetadresse eingeben zu müssen (als Beispiel etwa www.psychologie.de).
Seine Anfänge hat das sogenannte Chatten, das "Plaudern" und Unterhalten
via Rechner und Tastatur in Echtzeit, Ende der Achtziger Jahre mit der Entstehung
des Internet Relay Chats (IRC). Hierbei handelt es sich um einen eigenen
Internetdienst, bei dem man mittels eines Programms, dem sogenannten IRC-Client,
mit dem IRC-Server verbunden wird. Die auf diese Weise versandten Botschaften
erscheinen nahezu in Echtzeit auf dem Bildschirm jedes Benutzers, der sich zu
dieser Zeit im selben IRC-Kanal, dem jeweiligen Channel, befindet (vgl. Schestag
1998, S. 56 ff.).
Dadurch ist ein gleichzeitiges Gespräch mit mehreren Benutzern möglich, und
es entsteht tatsächlich beinahe der Eindruck einer Unterhaltung im realen Raum.
Die Möglichkeiten, im Chat in die Rolle einer anderen Person zu schlüpfen und die besondere Sprache, die sich im Chat entwickelt hat, waren inzwischen Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Darauf werde ich den nachfolgenden Teilen dieser Arbeit noch ausführlicher eingehen.
Eine bestimmte Software macht es bei diesen Anwendungen möglich, mit ausgewählten
Internetnutzern über ein kleines Fenster, das in etwa einem Chatfenster ähnelt,
zu kommunizieren. Wie bei der Email bekommt nur die jeweils angeschriebene Person
die Nachricht nahezu in Echtzeit zugestellt.
Die Besonderheit bei diesen Programmen ist, daß man genau zu sehen bekommt,
welche Personen aus der Kontaktliste gerade online sind. Je nach Konfiguration
der Software kann man mit allen Personen kommunizieren, die diese Software auch
haben, oder man kann andere nur mit ihrer Zustimmung in die eigene Kontaktliste
eintragen.
Teilweise verfügen diese Anwendungen auch noch über interessante Zusatzfunktionen,
wie etwa den Transfer von Daten, Kurzmitteilungsversand, integriertem Chat,
Internettelefonie oder Terminplaner.
Die Möglichkeit, Informationen auf WWW-Seiten darzustellen und damit Informationen und sich selbst als Person im Internet zu präsentieren, machte aus dem Internet das WWW und ließ es ungeahnte Popularität erfahren (vgl. Musch 1998, S. 23). Wenn auch Internetseiten kein zweiseitiger Kommunikationsweg im eigentlichen Sinne sind, so möchte ich sie hier doch mit erwähnen; zum einen, weil sie neben Email den größten Teil der Netznutzung ausmachen, und zum anderen, weil auch dort Wege zur Kommunikation angeboten werden, wie etwa integrierte Foren, Mailhinweise oder Gästebücher.
Die DENIC eG (http://www.denic.de), zuständig für die Registrierung von Domainnamen mit der Endung .de, meldete Anfang 1997 lediglich 50 000 registrierte de.Domains. "Etwas mehr als zwei Jahre später, im April 1999, waren es schon 500.000. In den kommenden zwei Jahren verdoppelte sich die Domainzahl im halbjährlichen Rhythmus." (http://www.denic.de/doc/DENIC/presse/five_million_domains.html)
Die Notwendigkeit für Firmen und Organisationen, im Internet präsent zu sein,
sowie Programme, die das Erstellen von Homepages auch für den Anwender ohne
html-Kenntnisse
möglich machen, läßt die Zahl der Seiten im deutschsprachigen Raum weiter wachsen:
"Zur Zeit kommen monatlich zwischen 80.000 und 90.000 Namen hinzu, umgerechnet
also etwa zwei Stück pro Minute. Mit 5 Millionen Domains ist .de inzwischen
das größte Länderkürzel weltweit." (http://www.denic.de/doc/DENIC/presse/five_million_domains.html)
[Anm.: html=HyperText Markup Language; die Basissprache, in der Webseiten erstellt
werden. Klickbare Links zum Aufrufen anderer Webseiten wurden dadurch erst möglich]
Ein besonders Element der privaten Homepage stellt das Onlinetagebuch
oder auch Weblog (Log steht in diesem Fall für Logbuch) dar. In regelmäßigem
Abstand und mit einem chronologisch geordnetem Archiv berichten immer mehr Schreiber
auf ihren Internetseiten von mehr oder weniger persönlichen Ereignissen und
Gedanken. Durch das Stöbern in den Linklisten anderer Tagebücher, über Verzeichnisse
oder auch sogenannte Webringe (zum Beispiel http://www.tagebuchwebring.de, http://www.annakarenina.de/dear_diary/dear_diary.htm,
http://www.cl21.net/blogs/ etc.), denen die Seiteninhaber beitreten können,
kann man über Links zu anderen Schreibern wechseln, neue Tagebücher kennenlernen
und so seine Favoritenliste der regelmäßig angesurften Weblogs zusammenstellen.
über die auf Onlinetagebüchern oft angebotenen Kommentarfunktionen findet Interaktion
ebenso statt wie mit Verlinkung und Kommentaren über das Gelesene im eigenen
Weblog.
Die Themen dieser Tagebücher sind so unterschiedlich wie die Betreiber selbst: Vom ganz normalen Alltag und Tagesablauf wird ebenso berichtet wie über interessante Links, Nachrichten und Software; andere sind mit Gedichten, Graphiken oder selbst verfaßten Geschichten gefüllt. Einige Tagebücher befassen sich auch mit dem Verlauf einer selbst durchlebten Erfahrung oder Krise (z. B. http://www.kasimone.de/ oder http://home.snafu.de/klinger/glueck/nrdia1.htm#18_6). Leserreaktionen in Gästebüchern und anderen Kommentarmöglichkeiten auf diesen Seiten lassen vermuten, daß diese Berichte mit Interesse gelesen werden und auch Anstoß zum Bewältigen eigener, ähnlich gelagerter Problemstellungen geben.
Seit einiger Zeit gibt es für die Archivierungs- und Publikationsarbeit, die mit einem Weblog einhergeht, spezielle Redaktionssysteme bzw. Software (http://www.blogger.com, http://www.sunlog.ch, http://www.movabletype.org, ...). Mit teilweise vorgefertigten Layouts und einem einfachen Eingabefeld für den Texteintrag wird so auch html-unkundigen Schreibern das Publizieren erleichtert; Mit mehrfach vergebbaren Zugriffsrechten ist das Schreiben mehrerer Personen möglich, auch kann das Weblog "verborgen bleiben", also nur den registrierten Schreibern selbst zugängig gemacht werden.
Meines Erachtens nach könnte diese Technik auch beim Zusammenschluß und problembezogenem gegenseitigem Austausch von Menschen mit psychischen Problemlagen Anwendung finden, jedoch ist mir bisher kein konkretes Beispiel begegnet, bei dem diese Technik zu diesem Zweck zum Einsatz kommt.
Kommunikation im Internet funktioniert vorwiegend mittels Text: Ob im Chat,
in Newsgroups oder per Mail, Informationen werden mit dem getippten Wort übermittelt.
Alle anderen Ausdrucksmöglichkeiten, die in einer face-to-face-Gesprächssituation
zur Verfügung stehen wie etwa Mimik, Körpersprache, Gestik oder Stimmlage fallen
im Internet weg.
Ausgehend von der Kanalreduktionstheorie müßte es sich bei der Kommunikation
im Netz um eine besonders informationsarme Interaktionsform handeln, da die
meisten Sinnesmodalitäten dort von der Teilnahme an der Kommunikation und der
Aufnahme von Information ausgeschlossen werden (vgl. Batinic & Moser 1998, S.
45).
Doch gerade diese Beschränkung wird von vielen Nutzern als angenehm erlebt,
da man durch den fehlenden optischen Eindruck niemanden aufgrund äußerlicher
Merkmale beurteilen und so ablehnen kann: Aussehen, Verhaltensweisen, Alter
und andere Merkmale, die beim realen Kontakt augenscheinlich würden, "...
können dazu führen, daß ich jemanden vorschnell in eine Schublade packe. Das
fällt weg, übrig bleibt das, was ein Mensch denkt und fühlt, was ihn bewegt
und was für Meinungen er hat." (Winni 1998, S. 79).
In der Umfrage von Reichardt wird das Fehlen dieser Kommunikationskanäle und
die damit verbunden Freiräume für Interpretation und Selbstdarstellung von einigen
Befragten als Vorteil der virtuellen Kommunikation genannt, von vielen aber
durch die Unklarheit und die so entstehende Unsicherheit bezüglich der jeweiligen
Aussageinhalte auch als nachteilig erlebt (vgl. Reichardt 2001, S. 68 f.).
Ein weiterer besonderer Aspekt von Sprache im Internet sind Ergänzungen zur konventionellen Schriftsprache wie etwa Emoticons, Akronyme und Elemente aus der Comicsprache. Möglicherweise sind sie der Versuch, die eben genannten Defizite von Sprache im Internet wieder auszugleichen, teilweise dienen sie aber auch der Abkürzung und ersparen somit Tipparbeit.
Mit Emoticons (zusammengesetzt aus Emotion=Gefühl und Icon=Zeichen)
werden kleine, einzeilige Zeichnungen aus Satzzeichen und/ oder Buchstaben bezeichnet.
Die bekanntesten sind die sogenannten Smilies wie etwa :-) für ein lachendes
Gesicht oder :-( für ein trauriges Gesicht (um 90° nach links gedreht).
Sie werden verwendet, um Emotionen und Geschriebenes zu nochmals bildhaft darzustellen
("Ich bin traurig :-(" ) oder auch um ironisch und nicht ganz ernst gemeinte
Beiträge als solche kenntlich zu machen, wie es oft mit dem zwinkernden Smilie
;-) geschieht, der hinter der jeweiligen Aussage erscheint.
Es gibt eine Menge dieser kleinen Zeichen, die nicht nur die unterschiedlichsten
Gesichter, Personen und Gemütszustände beschreiben, sondern auch Gegenstände
wie etwa die Rose @-->--- oder die Kaffeetasse |_|o.
[Liste von Smilies vgl. http://www.computer-woerterbuch.de/content_smilies.html]
Akronyme sind Abkürzungen, die sich aus den Anfangsbuchstaben der jeweiligen
Aussage zusammensetzen und bereits unter III. im zweiten Abschnitt erwähnt wurden.
Abgesehen vom Usenet werden vor allem im Chat werden häufig Akronyme verwendet,
die Gefühlszustände ausdrücken, wie etwa *g* für Grinsen oder *lol* für laut
lachen (hergeleitet vom englischen "laughing out loud"). Zum besseren Abgrenzen
der Akronyme vom eigentlichen Text werden sie häufig zwischen Trennzeichen gestellt
(* # <> oder andere).
[Liste von Akronymen vgl. http://www.web-akronym.de/]
Besonders im Chat ist es üblich, Elemente aus der Comicsprache zu verwenden
(vgl. Reichardt 2001 S. 42f.). Wie bei den Akronymen soll auch hier hauptsächlich
Zeit bei der Text-eingabe gespart werden: Der Chat läuft ja in Echtzeit weiter,
und wer zu lange an seinem Beitrag formuliert, riskiert, daß die anderen seine
Aussage nicht mehr dem Bezugstext zuordnen können. So werden die Beiträge Anderer
mit einem kurzen *würg* oder *pruuust* kommentiert, statt sich
damit aufzuhalten, relativ lange Antworten wie "Ja, das ist echt eklig!"
oder "Hihi, ist ja zu komisch!" zu tippen.
Auch komplexere Tätigkeiten werden in solche Konstruktionen verpackt, und da
diese nur unwesentlich kürzer als der volle Satz sind (in Einzelfällen sogar
wesentlich länger), kann der Sinn nicht in der Vereinfachung des Tippvorgangs
liegen. Vielmehr vermitteln solche - für Neulinge oft seltsam anmutende - Konstrukte
zumindest erfahreneren Chattern mehr den Eindruck einer realen Interaktion:
Schreibt ein Nutzer
Oskar: *Karla zuwink*,
so entsteht unter den Teilnehmer viel mehr der Eindruck von Bewegung, als wenn
dort steht:
Oskar: Ich winke Karla zu!
Mitunter entstehen durch diese Reihungen, die nicht immer mit Leerzeichen zwischen
den einzelnen Wörtern getrennt werden, seltsame Wortungetüme, die die Mitlesenden
erst mühsam auseinanderpflücken müssen, um ihren Sinn zu erfassen - oder wer
weiß schon auf Anhieb etwas anzufangen mit
*kaffeeschnappindiechanneleckerennundzuguckt*?
Ausgehend von diesen Veränderungen in der Sprache durch das Internet ebenso
wie durch angeblich vermehrtes Auftauchen von englischsprachigen Begriffen im
Zusammenhang mit der Technik im Internet und anderen modernen Medien wird in
manchen Vereinen und in der öffentlichkeit zunehmend die Verarmung der deutschen
Sprache sowie ihre Verdrängung durch zunehmende Anglizismen diskutiert (vgl.
http://www.deutsche-sprachwelt.de/index.shtml oder http://www2.tagesspiegel.de/archiv/2000/03/20/ak-ws-ge-10215.html)
.
Der Verein für Deutsche Sprache e. V. (http://vds-ev.de/denglisch/) etwa setzt
sich seit 1997 für den "respektvollen Umgang mit der deutschen Sprache ein und
kürt jährlich den sogenannten "Sprachpanscher des Jahres" und "Sprachhunzer
des Monats"; Die zweifelhafte Ehrung durch diesen Titel erhalten Personen oder
Institutionen, die durch Anglizismen unfreiwillig komische oder unverständliche
neue Formulierungen schaffen.
Besonders Kinder und Heranwachsende würden durch die Chatsprache die "richtige" Sprache verlernen, argumentiert man. Die im schnellen Medium Internet praktizierte Kommunikation mit ihren Tippfehlern, Abkürzungen, der oft praktizierten Kleinschreibung aller Wörter, ihrer Orientierung der Schreibweise an Aussprache und Dialekten und ihren sonstigen spezifischen Eigenheiten setze sich auch im herkömmlichen schriftlichen Austausch durch und verdränge Rechtschreibvorgaben, wird befürchtet (http://www.heise.de/newsticker/data/fm-19.06.01-000/) .
Demgegenüber steht die Vermutung, daß die geschriebene Sprache durch das Internet und seine Kommunikationsmöglichkeiten einen neuen Aufschwung erfährt, da der Austausch dort sehr viel schneller und einfach abzufassen ist als etwa ein Briefwechsel. Ein Indiz für die häufigere Verwendung von getippter Sprache sei auch die Begeisterung Jugendlicher an der Kurzmitteilungsoption von Mobiltelephonen SMS.
Interessant ist, daß die Forschung weniger am angeblichen Sprachverlust interessiert ist, sondern vielmehr die Vielfalt der Sprache, wie sie das Internet und andere neue Kommunikationsmittel hervorbringt, untersucht und sie den Wandel als normalen Prozeß einer aktiven, lebendigen Sprache wahrnimmt (1,2).
Daß sich durch das Internet ein Wandel der Sprache ergibt, ist offensichtlich; Es bleibt meines Erachtens jedem selbst überlassen, diesen als Zugewinn oder als Verschlechterung zu bewerten.
Einige Vorteile des Internet wie etwa die Schnelligkeit des Datentransfers und die großen Mengen an Information, die dort zur Verfügung stehen, wurden bereits in den vorhergehenden Abschnitten genannt und machen es für Nutzer mit den unterschiedlichsten Fragestellungen und Interessensschwerpunkten zunehmend zu einem komfortablen Medium. Für mich stellt sich nun die Frage, was das Internet Menschen mit psychischen Problemen bieten kann und welchen Nutzen das Internet für diese Nutzergruppe mit ihren ganz speziellen Fragestellungen und Anforderungen bringt.
Das Robert-Koch-Institut nennt als häufigste psychische Erkrankungen depressive
Störungen, Schizophrenie, Alzheimer, Epilepsie, kognitive Entwicklungsverzögerung
und Alkoholabhängigkeit (Robert-Koch-Institut 2001, S. 1). Bereits diese sowohl
in den Ursachen als auch in der Behandlung sehr verschiedene Krankheitsbilder
zeigen, wie weit gefächert dieses Feld ist und lassen unterschiedlichste Anforderungen
an Therapie und Hilfestellungen ist. Hinzu kommen viele andere Erkrankungen
und daraus resultierende Problemlagen, wie ein Blick auf Portalseiten, die sich
mit dieser Thematik befassen, zeigt.
Auch geht es keineswegs um Fragen und Problemstellungen eines kleinen Personenkreises:
Unter psychischen, psychosozialen oder neurologischen Störungen leiden weltweit
etwa 400 Millionen Menschen, für Deutschland werden in der Altersgruppe von
18-65 Jahren etwa 15,6 Millionen Menschen mit psychischen Erkrankungen geschätzt
(Robert Koch Institut 2001, S. 91).
Gerade die Schwierigkeit, psychische Probleme genau zu erfassen, diese dem Umfeld mitzuteilen, und aktiv nach Hilfen zu suchen, ist noch immer mit Hemmschwellen und Tabus verbunden: Es ist einfacher, mit sichtbaren körperlichen Verletzungen und Krankheiten zum Arzt zu gehen als sich und anderen klarzumachen, daß "die Seele leidet" (vgl. Winni 1998, S. 70 ff.). Zu den Schwierigkeiten, vom primären Umfeld wie Freunden und Familie verstanden und unterstützt zu werden, kommen möglicherweise noch Probleme bei der aktiven Suche nach Hilfe in der realen Welt dazu, wie etwa im Fall einer Panikerkrankung oder sozialen ängsten, die den Besuch einer Selbsthilfegruppe oder eines Therapeuten nicht oder nur eingeschränkt erlauben (vgl. Jaeger 1998, S. 40 f.).
Unter diesen Vorannahmen werde ich im Nachfolgenden untersuchen, in wieweit das Internet Hilfestellungen für Betroffene bieten kann. Den Aspekt von professioneller Beratung und Therapie im Internet möchte ich ausklammern, sondern mein Augenmerk auf die Kommunikation von Betroffenen unter sich richten.
"'Man ist nie alleine', auch nicht zu ungewöhnlichen Uhrzeiten.", stellen die von Reichardt befragten Chatnutzer fest und bewerten dies als Vorteil des Mediums (vgl. Reichardt 2001, S. 70). Wenn diese Aussage auch auf den Chat und somit eher die auf Unterhaltungs- und Freizeitebene abzielt, so ist es doch tatsächlich so, daß sich auch in anderen Bereichen des Internet zu jeder Tages- und Nachtzeit meist jemand zum Austausch findet, und gerade in eingespielten sozialen Bezügen im Netz findet sich bei akuten Krisen häufig jemand, der Hilfestellung bieten kann.
Die Möglichkeit, an viele Informationen zu gelangen ohne dafür großen Aufwand zu betreiben, wird von Betroffenen als Vorteil erlebt. Im Gegensatz zu der Recherche in verschiedenen Zeitschriften und Bibliotheken oder dem Einholen von Meinungen bei Spezialisten, anderen Betroffenen oder dem direkten Umfeld, die meist mit Aufwand und großen Wegen verbunden ist, haben die Suchenden via Internet die Möglichkeit, von zuhause aus am Computer zu recherchieren: WWW-Seiten, deren Inhalte für länger bestehenbleiben und die Archivierung von Foren- und Newsgroupbeiträgen macht das Internet zu einem riesigen Archiv, auf das bei Bedarf zugegriffen werden kann. Mit den geeigneten Suchinstrumenten ist dies deutlich komfortabler als die herkömmliche Informationsbeschaffung "zu Fuß".
Wenn nach diesen Recherchemethoden noch immer Fragen offen sind, bleibt die Möglichkeit, selbst aktiv nachzufragen. Besonders im Usenet werden Beiträge oft in unglaublichem Tempo binnen einiger Stunden (oder auch noch schneller) beantwortet, wie ich selbst erleben konnte.
Für viele Menschen mit psychischen Erkrankungen ist die Kontaktaufnahme zu anderen Betroffenen oder zu Experten mit Hürden verbunden oder kann gar nicht stattfinden, da es eben die Kontakte mit der Außenwelt sind, die das eigentliche Problem darstellen: "Durch meine sozialen ängste vermied ich den 'realen' Kontakt mit anderen - und dann noch so ein heikles Thema. Schriftlich würde es aber gehen, darin war ich geübt", schreibt ein Betroffener (Winni 1998, S. 73). "Jemanden zum 'Reden', jemanden, der mich versteht, ohne daß ich die Sicherheit meiner Wohnung aufgeben mußte", war die Erwartung, die eine depressive Frau an das Internet stellte (Jaeger 1998, S. 41).
Tatsächlich kann die elektronische Kommunikation für Menschen mit diesen Problemlagen ein Weg aus der Isolation sein, genauso, wie sie für Personen, die aus anderen Gründen (etwa Behinderung) die Wohnung nicht verlassen können, einen alternativen Kommunikationsweg darstellen kann.
Bei ganz spezifischen Fragestellungen bietet das Internet eine Informationsquelle, die Daten aus der ganzen Welt umfaßt. So beschäftigen sich etwa Foren und Newsgroups auch mit Erkrankungen, die eher selten auftreten. Hier kann auf elektronischem Weg ein unkomplizierter und kostengünstiger Austausch mit Betroffenen und Experten in aller Welt stattfinden.
Im Gegensatz zu relativ starren Settings in Kliniken oder auch zu den Verpflichtungen in einer Therapiesituation kann im Netz auf Kontakte zugegriffen werden, wann immer man es möchte. "Ich kann selbst bestimmen, wann ich neue Mails herunterlade und wann ich sie lese. Und (noch viel wichtiger): Ich kann selbst entscheiden, wann und welche Mails ich beantwortet will.", beschreibt eine Betroffene den Vorteil, den eine Mailingliste verglichen mit einer stationären Therapie für sie hatte (Jaeger 1998, S. 42).
In den meisten Mailinglisten und Foren zu anderen Themen gibt es Zeiten, in denen sich viel tut und besonders einzelne Schreiber sehr aktiv sind, während sich andere kaum melden. Es mag zwar auch bei den meisten virtuellen Gemeinschaften einen "harten Kern" geben, der sich durchgehend sehr aktiv zeigt, dennoch entstehen während der ersten Kontakte durch die Unverbindlichkeit des Mediums weniger Verbindlichkeiten und Verpflichtungen, wie das zum Beispiel bei einer Selbsthilfegruppe der Fall ist.
Im Gegensatz zum Usenet sind Mailinglisten kein offenes Angebot im Internet: Die Informationen, die dort ausgetauscht werden, sind nicht für die breite Mehrheit der Surfer bestimmt, sondern nur den jeweiligen (mehr oder weniger kleinen) Kreis der Abonnenten. ähnlich verhält es sich bei passwortgeschützten Foren und Bereichen eines WWW-Angebotes, das durch Authentifizierung bestimmten Mitgliedern zugänglich ist. Durch diese Schaffung von virtuellen Räumen ausschließlich für Betroffene werden unerwünschte Voyeure und Spione ausgeschlossen und so Bereiche zum spannungs- und angstfreien Austausch geschaffen, ohne den Druck, sich gegenüber Nichtbetroffenen erklären und rechtfertigen zu müssen (vgl. Jaeger 1998, S. 42).
Im "offenen" Internet, also in allgemein zugänglichen Angeboten besteht die (häufig genutzte) Möglichkeit, seine echte Identität hinter einem selbstgewählten Phantasienamen, dem sogenannten Nickname, zu verbergen. Dies mindert ängste und macht durch den Schutz, den die Anonymität dieses Pseudonyms bietet, viele Diskussionsbeiträge und Fragen erst möglich (vgl. Döring 1998, S. 139; dort bezogen auf Internetdiskussionen mit sexuellem Inhalt).
Die Reduktion der Kommunikation im Internet auf Schrift und das Fehlen anderer Informationen zu einer Person wie etwa Aussehen oder soziale Rolle kann nicht nur als negative Eigenschaft des Internet gesehen werden, sondern offeriert auch Chancen: Die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, welche Informationen über mich ich gegenüber den anderen preisgebe und welche Dinge ich lieber vorerst für mich behalten möchte, führen zu einer niedrigeren Hemmschwelle bei der Kontaktaufnahme zu anderen.
In der Arbeit mit Selbsthilfegruppen im Rahmen meines Studiums galt die Maxime, Selbsthilfegruppen und ihre Teilnehmer als Experten in eigener Sache wahrzunehmen. Niemand kann vollständig nachvollziehen, wie es sich für den Betroffenen anfühlt, depressiv zu sein oder unter Entzugserscheinungen im Rahmen einer Abhängigkeit zu leiden.
Doch nicht nur das Verstehen von Gefühlen und das Nachvollziehen von krankheitsspezifischen Gedankengängen ohne den Erklärungsdruck, der in der Kommunikation mit Nichtbetroffenen entsteht, ist etwas, das die Betroffenen im Internet so positiv erleben. Viele Teilnehmer der Kommunikation im Netz haben durch den großen Leidensdruck und teilweise jahrelange Betroffenheit von ihrer Krankheit großes Wissen über Therapien, Medikamente und ärztliche Hilfemöglichkeiten erworben (vgl. Kestler 1998, S. 27).
Dieses Wissen weitergeben zu können und von den Erfahrungen der anderen zu profitieren ist ein wichtiges Element im der Kommunikation Betroffener im Netz. Die Wirkungsweise eines Medikaments von jemandem geschildert zu bekommen, der dieses selbst eingenommen hatte, gibt der Information eine ganz andere Qualität als die Erklärung eines Mediziners. Ab einer gewissen Teilnehmerzahl ist es zudem gar nicht so unwahrscheinlich, daß jemand in der Mailingliste oder in einem Forum von seinen Erfahrungen mit genau der Klinik berichten kann, in der man seine Therapie plant oder daß sich jemand findet, der selbst bei eben diesem Arzt in Behandlung war, zu dem man selbst gehen möchte.
Gerade psychischen Problemen geht durch Tabuisierung, Verdrängung und Scham
oftmals eine lange Zeitspanne voraus, bevor man sich anderen in irgendeiner
Form anvertraut. So ist es für viele Betroffene ein sehr bewegendes Erlebnis,
über das Internet Menschen in den selben Problemlagen zu finden und in virtuellen
Gruppen verstanden zu werden (vgl. Jaeger 1998, S. 42).
Die liebevolle Atmosphäre und die Gelegenheit zum ernsthaften Austausch, der
den eigenen Problemen durch die Kommentare und Anregungen anderer neue Perspektiven
verleiht, wird von den Nutzern als sehr positiv und ermutigend erlebt, fördert
den weiteren Austausch und ermuntert eigenes Aktivwerden in der Gruppe:
"Ich spürte, wie sich andere über meine Probleme tiefere Gedanken machten
und dabei auch sehr viel von sich offenbarten. Mit all dem Offenbarten wurde
sehr vorsichtig und sensibel umgegangen. Jeder erspürte, wie schwer das für
den anderen war und wieviel es ihm gleichzeitig bedeutete. Und jede positive
Erfahrung gab mir den Mut, es erneut zu tun. [...] Durch die Vielzahl von Meinungen
wird das Problem von ganz unterschiedlichen Blickwinkeln angegangen. Jeder kann
etwas aus seinem Erfahrungsbereich einbringen, das Bild wird immer vollständiger.
Anderen mit meinen Erfahrungen ein Stück weiterhelfen zu können - das empfand
ich auch immer als wohltuend."
(Winni 1998, S. 75f., bezogen auf eine Mailingliste zum Thema Angst)
Nicht immer bleiben diese Kontakte auf den virtuellen Austausch beschränkt: In einigen Mailinglisten habe ich erlebt, daß einzelne Schreiber Telefonnummern und Adressen ausgetauscht haben, um auf diesem Weg weiter miteinander kommunizieren zu können; mitunter kommt es auch zu Treffen, an denen viele Teilnehmer einer Liste dabei sind. Oft wird der persönliche Kontakt von Angesicht zu Angesicht nach anfänglichen Spannungen und Unsicherheiten ähnlich positiv und gewinnbringend erlebt wie der virtuelle Austausch (vgl. Winni 1998, S. 80 ff.)
Die vielen Vorteile, die das Internet bietet, scheinen es zu einem idealen Medium zu machen, um Gleichgesinnte zueinander zu führen und ihnen den Kontakt zu ermöglichen. Dennoch entstehen durch die Beschaffenheit des Internet im gleichen Maß Nachteile und Risiken; außerdem schafft es Barrieren für bestimmte Surfer.
Die nachgenannten Punkte sind nicht immer auf Menschen mit irgendeiner Form der psychischen Beeinträchtigung und deren spezifischen Problemlagen zu beziehen, sondern sie betreffen alle Menschen, die sich im Internet bewegen oder auch nur einen Teil von ihnen - und somit unter Umständen auch diejenigen, die auf der Suche nach Rat und Hilfe im Bezug auf ihre eigene psychische Problemsituation sind.
Die Reduktion auf die Sprache beim Austausch im Internet wurde als Vorteil
genannt, da andere Eigenschaften der Person nicht wie im face-to-face-Kontakt
bewertet werden können und somit eine Konzentration ausschließlich auf die Problemstellung
stattfindet.
Doch gerade diese Eigenschaft des Internet wirkt gleichzeitig als Ausschlußfunktion
für bestimmte Personengruppen: Präzise Beschreibung der Problemlage, eigene
Emotionen und Gedankengänge für andere nachvollziehbar zu formulieren, Wärme
und Verständnis gegenüber anderen Schreibern in Worte fassen zu können und lebendige
Ausdrucksweise, die das Interesse der anderen weckt, sind Voraussetzungen für
den Austausch im Internet.
Wer über diese Fähigkeiten nicht verfügt, sei es durch Analphabetismus, Legasthenie oder mangelnde sprachliche Kompetenz beim Formulieren, dem bleiben die Möglichkeiten des Austauschs via Internet teilweise oder sogar vollständig verschlossen.
Eine der häufigsten Fragen, die Netzunerfahrene stellen, wenn sie jemanden
beim Chatten über Schulter gucken, ist: "Woher kannst du denn sicher sein,
daß das auch alles stimmt, was er über sich sagt?"
Tatsächlich kann man sich eben nicht sicher sein: Das Internet bietet durch
die Reduktion auf das getippte Wort viel mehr Freiheiten in der Selbstpräsentation
als das "reale Leben", in dem äußerliche Merkmale, Geschlechtszugehörigkeit
und soziale Rolle wahrnehmbar sind. In der öffentlichkeit wird diese Tatsache
besonders im Hinblick auf das kriminelle Potential hin spektakularisiert, wie
Spielfilmtitel der Sorte "Der Tod kam aus dem Chat" belegen.
Viel weniger beachtet wird jedoch, daß virtuelle Identitäten nur in Ausnahmefällen zum Zwecke krimineller Handlungen angenommen werden, sondern den Nutzern vielmehr die Möglichkeit bieten, andere Bereiche ihrer Persönlichkeit in den Vordergrund zu rücken, wie es im realen Leben nicht möglich sein kann und spielerisch testweise in andere Rollen schlüpfen können. Durch das Verschweigen seines wahren Alters kann der vierzehnjährige Hobbywebdesigner so etwa im Expertenforum als gleichwertiger Diskussionspartner wahrgenommen werden, die Frau, die einen männlichen Nickname wählt, ist vor Flirtversuchen männlicher Internetnutzer geschützt, und der männliche Teenager, der testweise mit einem vielsagenden weiblichen Nickname den Chat betritt, macht Erfahrungen, die er mit einem offensichtlich männlichen Spitznamen nie hätte machen können (vgl. Döring 2000, S. 65 f.).
"Chat ist eine feine Sache, da triffst du nur auf junge, reiche und gutaussehende
Menschen", kommentierte eine Chatnutzerin die allzu offensichtlichen Flunkereien
der anderen Chatteilnehmer sarkastisch. Durch die Oberflächlichkeit vieler Chatkontakte
und die hohe Fluktuation der Teilnehmer ist es in Chats sehr einfach, eine Selbstpräsentation
aufzubauen, die von der realen Identität in Einzelheiten oder zum Teil auch
erheblich abweicht.
Allzu oft wird diese spezifische Eigenschaft des Chat aber dem gesamten Internet
zugeschrieben. Doch das Internet mit all seinen Diensten und Angeboten macht
es nicht immer so einfach wie im Chat, sich als jemand anderes auszugeben: Während
man sich in Newsgroups und Foren zu bestimmten Themen weniger durch die positive
Darstellung der eigenen Person Anerkennung erwirbt, sondern durch fachkundige
Beiträge und Hilfsbereitschaft gegenüber den anderen Teilnehmern, wird es spätestens
bei engeren Internetkontakten schwierig, die Maskerade und das Spiel mit der
falschen Identität aufrechtzuerhalten, da sich bei vielen Onlinefreundschaften
früher oder später der Wunsch nach einem realen Treffen einstellt, bei dem solche
Schwindeleien dann enttarnt werden und damit meist auch der virtuelle Kontakt
beendet wird (vgl. Döring 1996 (1), S. 50).
Das Internet bietet zu den unterschiedlichsten Themen viele Informationen -
unter Umständen sogar zu viele, so daß man vor einem Berg von Links und Dateien
steht und nicht weiß, wo man anfangen soll. Eine Suchmaschinenanfrage mit dem
Begriff "Depression" ergibt zwischen 3.920.000 und 1.061.570 internationale
Treffer bzw. noch weit über 100.000 deutschsprachige Angebote mit dem Suchwort
(getestet im Januar 2002 mit altavista (http://www.altavista.de) bzw. google
(http://www.google.de). Ein ungeübter Nutzer, der Schwierigkeiten hat, seine
Suchanfrage mit geeigneten Begriffen zu umschreiben und zu präzisieren, wird
anhand dieser Flut von Informationen schier verzweifeln.
Auch das "Verzetteln" beim Durchklicken der Ergebnisse ist keine Seltenheit
- womöglich hatte man mit der Suche nach Vorsorgemöglichkeiten bei Krebserkrankungen
angefangen und fragt sich zwei Stunden später, wie man eigentlich auf die eben
betrachtete Seite zum Thema Segelyachten kam.
Von manuell gepflegten Suchkatalogen abgesehen, bei denen der Suchbegriff mit zunehmender Tiefe beim Einstieg ins Verzeichnis immer weiter präzisiert werden kann, erhalten. Suchmaschinen die von ihnen gefundenen Seiten durch verschiedenste Kriterien (vgl. etwa http://drweb.de/suchmaschinen/ranking.shtml). Beispielsweise stehen Seiten, die das jeweilige Suchwort im Seitentitel und in den überschriften haben, bei einigen Suchmaschinen in den Suchergebnissen weiter vorne, während andere Anbieter die Häufigkeit des Wortes auf der jeweiligen Seite oder das Auftauchen des Suchbegriffes in den Schlüsselwörtern im Quelltext bewerten - so stellt man zwar sicher, daß die angezeigte Seite irgend etwas mit dem Gesuchten zu tun hat, die Position der Seite unter den Suchergebnissen sagt aber wenig darüber aus, wie umfangreich und qualitativ hochwertig die Informationen dort sind.
Das Angeben falscher Schlüsselwörter, unsichtbare Texte auf der Seite und andere Tricks werden von Seitenerstellern bisweilen angewandt, um Seiten in der Suchmaschinenbewertung bei häufig nachgefragten Suchwörtern nach oben zu treiben, während Seiten mit gutem Informationsgehalt ihre Seiten möglicherweise nicht für Suchmaschinen optimiert wurden und so dem Suchenden schlechter zugänglich sind oder ihm gar völlig verborgen bleiben.
Die im Vergleich zu anderen Medien relativ einfache Möglichkeit, im Internet
zu publizieren und der Seite ein professionelles Aussehen zu verleihen, wirft
für den Internetnutzer weitere Probleme bezüglich der Prüfung von Inhalten auf
(vgl. Debatin 1996). "Die Auswahl (Selektion) von Information und ihre Rückführbarkeit
auf glaubwürdige Quellen sind deshalb zentrale Probleme der Kommunikation im
Internet." (Debatin 1999)
Frei erfundene Zertifikate, Awards, Gütesiegel und Auszeichnungen, die auf manchen
Webseiten zu finden sind, täuschen den Verbrauchern zusätzlich Seriösität und
Glaubwürdigkeit vor.
Eine wie auch immer geartete Lösung dieses Problems (sei es durch "intelligente" Zusatzsoftware oder veränderte Kriterien der Suchmaschinen) ist nicht Sicht. Es bleibt also nur die eigene sorgfältige überprüfung der Glaubwürdigkeit durch den aufgeklärten und kritischen Konsumenten.
Die populäre These der "Internetsucht" taucht häufig automatisch auf, wenn
jemand begeistert von seinen Erfahrungen und Aktivitäten im Netz berichtet.
Der vereinsamte Internetnutzer ohne reale soziale Bezüge, der den ganzen Tag
am Rechner verbringt, kommt aber bei weitem nicht so häufig vor, wie es Berichte
in den Medien und Spekulationen vermuten lassen: Vielmehr wird das Internet
von den meisten Nutzern als Medium begriffen, mit dem vorhandene soziale Beziehungen
gepflegt und zusätzliche Kontakte geknüpft werden können, die reale Kontakte
aber nicht verdrängen. Auch die Hypothese der Realitätsflucht durch das Internet
konnte nicht belegt werden. Vielmehr gebe es Phasen, in denen das Internet viel
genutzt werde und dann wieder weniger (vgl. Döring 1996(2)).
Besonders in der Anfangszeit sei der Kontakt zum Medium sehr intensiv, wandelt
sich dann aber zu geringerer und sinnvollerer Anwendung (vgl. Krüger und Funke
1998, S. 68).
In einer 1997 durchgeführten Umfrage antworteten rund 67%, sie wären öfter länger im Netz gewesen als eigentlich geplant, und 50% gaben an, häufiger im Netz zu surfen, obwohl sie eigentlich anderes zu tun hätten. In derselben Umfrage äußerten jedoch über 80%, nach tagelanger Netzabstinenz keine Spannung zu verspüren, und fast ebenso viele Nutzer verneinten, im Internet ihre täglichen Sorgen vergessen zu können (vgl. Batinic 1997).
Es kann nicht geleugnet werden, daß das Phänomen der Internetabhängigkeit tatsächlich existiert und ein gewisser Prozentsatz der Surfer davon betroffen ist (vgl. Krüger & Funke 1998, S. 68). Jedoch "ist problematische Mediennutzung nicht dem Medium selbst, sondern eher situationalen und differenzialpsychologischen Hintergrundfaktoren anzulasten" (Döring 1996(2)).
Allein die Tatsache, daß man mehr surft als man sich vorgenommen hat und oft surft, anstatt wichtigere Dinge zu erledigen, kann schwerlich als Indikator für Suchtstrukturen gesehen werden, denn dann "wäre es aber wohl auch an der Zeit, gezielt gegen andere Massensüchte wie die Fernseh-, Telefon-, Lese- oder Sportsucht anzugehen!" (Krüger & Funke 1998, S. 68).
Was in den meisten Bereichen des WWW und auch im Usenet geschrieben wird, kann
von jedem beliebigen Nutzer auch über Suchmaschinen gefunden und gelesen werden.
Dadurch entstand und wächst ein riesiges Archiv, in dem man auf eine große Menge
an Informationen zurückgreifen kann.
Allerdings besteht auch die Möglichkeit, entsprechend "ausspioniert" zu werden,
wenn man mit echtem Namen im Netz unterwegs ist. Durch die Verwendung von Phantasienamen
kann diese Gefahr zwar verringert werden, dennoch lassen sich Datenspuren in
einigen Fällen auf den Urheber zurückverfolgen und mißbrauchen.
Lästig und im Internet leider ebenso üblich ebenso wie im Bereich der schriftlichen Werbung im Postkasten an der Haustür ist die Praxis, auf Webseiten gesammelte Emailadressen [Anm.: Kleine Programme, sogenannte Robots, durchkämmen Webseiten nach darauf erscheinenden Emailadressen und sammeln diese, vgl. http://drweb.de/netlife/spam_1.shtml], Nutzerdaten, und Verbraucherprofile (die beispielsweise bei der Anmeldung für kostenlose Emailadressen oder andere Serviceleistungen im Internet abgefragt werden) an Firmen weiterzuverkaufen. Diese Adressen werden dann für den Versand unerwünschter Werbung genutzt, das sogenannte Spamming, das je nach Menge der erhaltenen Mails durchaus zum ärger werden kann. [Anm.: Beim Freemailer gmx (http://www.gmx.de) ist eine Abfrage von Interessen und diverser anderer Daten zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit noch immer Bestandteil der Anmelderoutine und kann nicht übersprungen werden. Dies dient laut Angaben des Anbieters der gezielten Steuerung von Werbung im kostenfreien Emaildienst. Dieses Verfahren ist auch bei Anbietern anderer Dienste im Netz zum Teil gängige Praxis.]
In letzter Zeit immer häufiger in der öffentlichkeit diskutiert ist die Thematik von Viren und Würmern, die per Mail, infizierter Software oder über bestimmte Webseiten auf den Rechner gelangen. Sie können private Daten, Passwörter und Dokumente auf dem Rechner ausspionieren oder Soft- und Hardware zerstören. Durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen und entsprechende Verhaltensweisen wird dieses Risiko zwar minimiert, kann aber für den unbedarften und uninformierten Anwender eine große Gefahr darstellen. (vgl. Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik 2001)
Im vorletzten Teil dieser Arbeit werde ich den Punkt der Sicherheit im Internet und den dazugehörenden Schutzmaßnahmen genauer ansprechen.
Der Zugang zu Informationen und Diensten im Internet setzt den Zugang zum Internet selbst voraus. Zwar steigen die Nutzerzahlen weltweit kontinuierlich, dennoch waren im Frühjahr 2001 lediglich 37% der deutschen Haushalte mit einem Internetzugang ausgestattet (vgl. TNS Emnid 2001). Die deutschen Haushalte liegen damit im europäischen Vergleich eher im unteren Mittelfeld (vgl. Kommission der europäischen Gemeinschaften 2001, S. 5). Zwar mögen viele über die Arbeitsstelle oder Freunde die Möglichkeiten zu Online-Recherche und Emailempfang haben, so daß nicht automatisch von 63% komplett Internetunkundigen ausgegangen werden kann; Dennoch ist es gerade bei Menschen mit psychischen Problemen ein Vorteil, zu jeder Zeit (und damit auch in Krisensituationen) Zugriff auf das Internet zu haben.
Grund für diese "private Internetabstinenz" können neben Desinteresse am Medium oder aktiver Ablehnung die vergleichsweise hohen Erstausstattungskosten sein, die sich ergeben, wenn in einem Haushalt noch kein PC vorhanden ist und die anschließend anfallenden Onlinekosten für die jeweiligen Verbindungen. Diese Annahme belegen Studien, nach denen die überwiegende Mehrzahl der Onliner noch immer unter den mittleren bis höheren Einkommensschichten zu finden sind (vgl. TNS Emnid 2001).
Noch weiter öffnet sich diese Kluft, wenn an sich klarmacht, daß diese Nutzerzahlen die westliche Welt und somit die großen Industrienationen repräsentieren. Ende 1999 nutzten etwa 260 Millionen Menschen weltweit das Internet (vgl. http://www.denic.de/DENICdb/stats/kurzmeldungen/internetnutzung1.html). Das entspricht etwa nur 5% der gesamten Weltbevölkerung. Der überwältigende Mehrheit ist von der Nutzung des Mediums also ausgeschlossen.
Das Internet bietet Informationen und Austausch auch für Menschen, denen herkömmliche Wege der Kommunikation durch Behinderung nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Behinderte setzen daher hohe Erwartungen in das Internet und bewerten es als vorteilhaft: Laut einer 2001 durchgeführte Umfrage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie unter rund 3.300 Personen, davon 63% mit Behinderung, bewerten je über drei Viertel der Befragten die dargebotene Informationsfülle und die Erleichterung des Alltags als Hauptvorteile des Internet. 60% empfinden es als Vorteil, daß es im Internet keinen Unterschied zwischen Behinderten und Nichtbehinderten gibt.
Allerdings sehen auch 30% von ihnen das Internet als ein Medium, das noch zu
viele Barrieren für Menschen mit Behinderung aufweist (vgl. Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie 2001).
Dennoch ist gerade durch die Behinderung bedingt das Internet für diese Menschen
ein wichtiges Kommunikations- und Informationsmedium und teilweise sogar Basis
ihrer Integration in die Arbeitswelt (vgl. Grote 2000, S. 200).
Besonders bei zwei Behinderungen sind Betroffene auf bestimmte Hilfsmittel bei der Nutzung des Internet angewiesen: Bei Einschränkungen in der Motorik sowie bei eingeschränkter Sehfähigkeit bzw. vollkommener Erblindung. Für sie stehen auf ihre Bedürfnisse angepaßte Eingabe- und Ausgabehilfen zur Verfügung, wie zum Beispiel vergrößerte Tastaturen und Sprachsteuerung, Vergrößerungssoftware, Braillezeile und Screenreader, die den Bildschirminhalt vorlesen (vgl. Schulte 2001 und Bühler).
Durch höhere übertragungsgeschwindigkeiten setzen sich graphiklastige Seiten
immer mehr gegenüber den textbasierten Internetseiten durch. Dies stellt Screenreader
vor Probleme bei der Darstellung und Interpretation der Inhalte. Wenn sich etwa
hinter einer Graphik ein Link verbirgt, der nicht mit aussagekräftigem ALT-Attribut
gekennzeichnet ist, bleibt einem blinden Surfern der Zugang zu diesen Inhalten
verwehrt. [Anm.: Mit diesem html-Befehl können Graphiken mit einem Text hinterlegt
werden, damit ihr Zweck und Inhalt auch dann noch erkennbar bleibt, wenn der
Benutzer die Anzeige von Graphiken deaktiviert hat oder das Bild nicht geladen
werden konnte. Je nach Browsereinstellung ist der zugefügte Text auch sichtbar,
wenn die Maus über dem Objekt stehenbleibt.]
Ebenso stellen zu eng beieinander liegende Links Zugangsschwierigkeiten für
Menschen mit eingeschränkter Motorik dar (vgl. Hellbusch).
Viele Initiativen setzen sich für ein barrierefreies Internet ein und bieten Webdesignern eine Einführung in die spezifischen Probleme, die in diesem Zusammenhang auftreten (zum Beispiel http://www.einfach-fuer-alle.de, http://www.cast.org/bobby, http://www.w3.org/WAI u. v. a. m.). Auch gibt es einfache Tests, um die eigenen Seiten auf Barrieren zu überprüfen.
Werden einige einfache Regeln beachtet, ist es kein großer Aufwand, Internetseiten so zu bauen, daß sie den meisten Menschen zugänglich sind. Das Problem liegt weniger im Gestalten der Seiten, sondern vielmehr im Unwissen um die Schwierigkeiten von Menschen mit Behinderung beim Navigieren im Internet.
Linklisten sind meist eine undankbare Aufgabe: Sie können niemals vollständig sein, und es gilt, eine Flut von unterschiedlichsten Seiten übersichtlich zu präsentieren - immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, doch die eine oder andere wunderbare Seite vergessen zu haben. So ist es auch hier, und obwohl ich mich in meiner Auswahl auf deutschsprachige Seiten, die sich mit psychischen Problemen befassen, beschränkt habe, kann ich nur einen kleinen Einblick in die große Auswahl im Internet geben, und die hier genannten Seiten stehen exemplarisch für die vielen anderen Seiten. Über Suchmaschinen wie google [http://www.google.de], altavista [http://www.altavista.de] und viele weitere sowie über Linksammlungen auf anderen Seiten finden sich noch viele weitere informative und umfangreiche Seiten zu den verschiedensten Themen.
Obwohl ich mich bemühe, diese Übersicht auf dem aktuellsten Stand zu halten, können durch den schnellen Wandel im Internet nicht funktionierende oder falsch verweisende Links nicht vermieden werden. Hier bitte ich um Nachsicht; mit einer kurzen email an mich kann den abgeholfen werden: nadine-peetz@web.de
Ein großes Portal rund um das Thema Gesundheit ist almeda.de [http://www.almeda.de] , ins Leben gerufen von der ArztPartner almeda AG [http://www.arztpartner.de/]. Neben Nachrichten und Infos aus unterschiedlichen medizinischen Bereichen, Arzttelephon und Kliniksuche finden sich hilfreiche Berichte, Links und Artikel zu den Themen Psyche, Selbsthilfe und Lebenshilfe.
Medizininfo.de [http://www.medizinfo.de/] ist ein medizinischer Online-Dienst mit einer Inhaltsdatenbank, die viele wichtige medizinische Inhalte von Universitäten, Forschungseinrichtungen und anderen Organisationen im Internet auflistet.
NAKOS [http://www.nakos.de] ( Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen) nimmt die Adressen und Ansprechpartner von Selbsthilfegruppen in Deutschland kostenfrei in ihre Datenbank auf, die auch im Internet durchsucht werden kann.
NetDoktor.de [http://www.netdoktor.de] ist ein Projekt von Professionellen
aus dem Gesundheitswesen mit dem Ziel, Wissen aus dem Gesundheitsbereich in
klarer und verständlicher Sprache zu vermitteln und die Barriere zwischen den
Professionellen und den Patienten abzubauen.
NetDoktor bietet eine Sammlung von über 500 Adressen, Links und E-Mail-Adressen
zum Thema Selbsthilfe. Darunter die meisten Dachverbände der Selbsthilfeinitiativen
aus dem Gesundheitsbereich sowie Links zu vielen regionalen Selbsthilfekontaktstellen.
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Durch das immer einfachere Publizieren im Internet und dem gestiegenen Interesse am Medium steigt auch die Menge der privaten Homepages schnell an. Zu unterschiedlichsten psychischen Problematiken gibt es eine unüberschaubare Menge teils sehr hochwertiger Seiten. Diese in eine übersichtliche und möglichst vollständige Reihenfolge zu bringen, ist ein aussichtsloses Unterfangen. Darum werde ich zu verschiedenen Problemlagen und Symptomen jeweils einige Seiten hier vorstellen, die stellvertretend für die vielen anderen stehen sollen und hoffe, damit die Vielfalt der Seiten wiedergeben zu können.
Anghys ADD-Seiten [http://www.seelenfarben.de/add.htm]sind von einem Betroffenen für Betroffene. Sie bieten Links, Tipps und 50 Fragen zum Thema "Aufmerksamkeitsdefitzit-Syndrom", präsentieren Gedichte von Betroffenen und seine Gedanken zum Thema ADD.
hypies.de [http://www.hypies.de/index.html] hält eine Fülle von Informationen zum Thema Hyperaktivität und ADD bereit.
panik-attacken.de [http://www.panik-attacken.de/] versteht sich als Portal und Selbsthilfeforum für Betroffene und Angehörige von Betroffene die unter Angst- und/oder Panikstörungen leiden. Hier findet sich reichlich Information über verschiedene Ängste, Ratschläge zur Selbsthilfe, Erfahrungsberichte und vieles andere mehr.
Auf aengstler.de [http://www.aengstler.de] bietet ein selbst Betroffener gut recherchierte Informationen und umfangreiche Links und Tipps für Angsterkrankte.
Pedro schreibt auf paniker.de [http://paniker.de/] offen über seine Ängste und hat sehr viele Informationen, Expertenbeiträge und Berichte von anderen Betroffenen gesammelt.
Katrins Seite schwarze-rose.de [http://www.schwarze-rose.de/] ist schon fast der Klassiker, wenn man von Internetseiten Betroffener spricht, da sie schon relativ lange online ist. Mit vielen hilfreichen Texten will sie Betroffenen helfen und aktiv dazu beitragen, daß Depression kein Tabu-Thema bleibt.
Auf kasimone.de [http://www.kasimone.de/] findet sich Simones Tagebuch, in dem sie ein halbes Jahr lang sehr offen über den Verlauf einer Depression berichtet.
Horsts Homepage zum Thema Depression [http://home.t-online.de/home/Horst.Voll/index.html] will Depressiven und ihren Angehörigen eine Anlaufstelle bieten, die auf der Suche nach Hilfe sind und bietet viele Informationen.
Sehr offen, ausführlich und kritisch beschreibt Gesine ihre Geschichte auf essenproblem.de [http://www.essenproblem.de/]
Die hoffnungsecke.de [http://www.hoffnungsecke.de/] ist eine umfangreiche Seite zu verschiedenen Eßstörungen. Sie beschreibt Krankheitsbilder, sammelt Erfahrungsberichte, nennt Hilfemöglichkeiten und Adressen und bietet Tipps für Angehörige. Kontakt- und Austauschmöglichkeiten gibt es im Forum und im Chat.
www.streichholz-ev.de [http://www.streichholz-ev.de/] ist eine Selbsthilfegruppe für Eltern, deren Kinder an Eßstörungen erkrankt sind. Auf ihrer Internetseite findet man Beschreibungen der Krankheitsbilder, Tipps für Angehörige und Kontaktmöglichkeiten zu einer Selbsthilfegruppe.
kinderschreie.de [http://www.kinderschreie.de/] ist eine eindrucksvolle und umfangreiche Seite über und gegen Kindesmißbrauch, gestaltet von einer Betroffenen.
verbuendete.de [http://www.verbuendete.de/] ist eine Seite für die PartnerInnen von überlebenden sexueller Gewalt und für die überlebenden selbst. Es finden sich dort Informationen, Hintergründe, Hilfestellungen und Kontaktmöglichkeiten.
tauwetter.de [http://www.tauwetter.de/] nennt sich die Anlaufstelle für Männer, die als Junge sexuell mißbraucht wurden.
rotetraenen.de [http://www.rotetraenen.de/] ist eine sehr schön gestaltete und umfangreiche Seite zum Thema SVV.Interaktion kann dort über Chat, Mailingliste, Forum oder eigene Erfahrungsberichte stattfinden. Mehr Seiten, die sich mit dem Thema befassen, finden sich im Rote-Tränen-Webring SVV [http://webring.rotetraenen.de/svv/goring.php?action=all] .
Die Diplomarbeit von Britta Schmidt hat SVV zum Thema; Eine Befragung
unter vielen Betroffenen von rotetraenen.de bildet das Kernstück der umfangreichen
und informativen Arbeit.
[http://www.uni-bamberg.de/~ba3sw1/downloads/schmidt-britta/gliederung.htm]
Auf versteckte-scham.de [http://www.versteckte-scham.de/] werden die Symptome und Ursachen für Selbstverletzendes Verhalten erläutert, es gibt Erfahrungsberichte, Tipps für Angehörige und viele hilfreiche Links.
trockenbleiben.de [http://www.trockenbleiben.de/] ist für Alkoholiker bestimmt, die trocken bleiben wollen.
alkohol-hilfe.de [http://www.alkohol-hilfe.de] ist die Seite eines Betroffenen, auf der er sowohl seine Suchterfahrung als auch Berichte anderer veröffentlicht sowie Buchtipps, Links und Austausch im Forum bietet.
Auf spielsucht-hilfe.de [http://www.spielsucht-hilfe.de/] finden sich Berichte von Betroffenen, weiterführende Links, Literaturhinweise sowie Chat und Forum.
zwangserkrankungen.de [http://www.zwangserkrankungen.de] ist ein privates Selbsthilfeprojekt und wurde für Menschen ins Leben gerufen, die bereits unter einer Zwangserkrankung leiden und Gleichgesinnte finden wollen, um mit ihnen Informationen über die Krankheit auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und Hilfe zu finden.
Auf Fussels Welt der Zwänge [http://home.globalserve.de/fussel/] beschreibt ein Betroffener Zwänge, mögliche Ursachen und Therapiemöglichkeiten und bietet Kontaktmöglichkeiten in Chat und Forum.
zwaenge.at [http://www.zwaenge.at/] versteht sich als Portalseite zu Zwangserkrankungen, beschreibt Symptome und bietet Erfahrungsberichte, Kontaktadressen und Austausch in Chat und Forum.
Was deutschsprachige Mailinglisten im Allgemeinen angeht, so sind auch diese ebenso wie der Sektor der privaten Homepages inzwischen kaum mehr zu überblicken. Ein großer Anbieter für Mailinglisten ist etwa yahoo [http://de.groups.yahoo.com/]. Dort finden sich in den yahoo-groups zum Thema Psyche [http://de.dir.groups.yahoo.com/dir/World/Germany/Gesundheit___Wellness/Krankheiten___Beschwerden/Psyche] über 100 Mailinglistenzu den unterschiedlichsten Themen, in der Unterkategorie Selbsthilfe [http://de.dir.groups.yahoo.com/dir/World/Germany/Gesundheit___Wellness/Selbsthilfe] gar mehr als 240 (Stand Juli 2002). Daher empfehle ich dazu die Suche bei yahoo-groups [http://de.groups.yahoo.com/] , anstatt konkrete Links aufzulisten. Dort sollte jeder fündig werden - und wenn nicht, kann man dort leicht selbst eine eigene Gruppe gründen.
Foren und "Schwarze Bretter" zum Austausch finden sich oft auf Webseiten, die sich mit dem jeweiligen Thema beschäftigen. Ein großer Anbieter für Foren ist auch parsimony [http://parsimony.de/], in dessen Verzeichnis sich einige Foren befinden, die sich mit unterschiedlichen psychischen Problemlagen befassen (zum Beispiel zu den Themen Gewaltopfer [http://f23.parsimony.net/forum51096/], Alkoholismus [http://f12.parsimony.net/forum19691/], endogene Depression [http://f12.parsimony.net/forum18361/] , Hyperaktivität [http://f25.parsimony.net/forum62451/], Autoaggression und SVV [http://f23.parsimony.net/forum47950/], u. v. a. m.)
Auch das Usenet bietet zu verschiedenen psychischen Problemlagen
einige Gruppen. Zwar findet sich im englischsprachigen Usenet deutlich mehr
Auswahl, doch für empfehlenswert halte ich die Newsgroups
de.etc.selbsthilfe.angst
de.etc.selbsthilfe.misc
de.etc.selbsthilfe.missbrauch
depri.net [http://www.depri.net/] sind die Seiten von und für von Depression betroffene Menschen. Neben Buchtipps, Chat, Forum und Adressen von Einrichtungen bieten sie eine gut gegliederte Linksammlung von ADS über Mobbing bis hin zu Zwangserkrankungen.
Auch bei rotetraenen.de [http://www.rotetraenen.de/website.php?link=infos/links/index] gibt es eine sehr umfangreiche Linkliste zu unterschiedlichen psychischen Problemen.
Auf agoraphobie.de [http://agoraphobie.de/home.htm] findet sich eine umfangreiche Linkliste ausschließlich zu den Themen Angst und Panik und speziell zu Agoraphobie.
Die Debatte, die in den Medien über das Internet und seine Dienste geführt wird, ist weniger von der Suche nach Lösung der Probleme und Hindernisse geprägt, sondern zielt vielmehr auf spektakuläre Thematisierung und Moralisierung einzelner Bereiche ab, wie das etwa bei Kinderpornographie und Datensicherheit der Fall ist. Nach dieser Polarisierung ist es schwierig, in einen rationalen und differenzierten Dialog über das Medium einzutreten und mögliche Ver-besserungen zu diskutieren (vgl. Debatin 1999).
Meines Erachtens sollten besonders die nachfolgenden Punkte beim Umgang mit dem Medium berücksichtigt und Teil einer sachlichen und lösungsorientierten Debatte über das Internet und seiner Nutzung sein.
Daß die Zahl der Internetnutzer sowohl in Deutschland als auch weltweit in den nächsten Jahren zunehmen wird, ist abzusehen. Durch sinkende Gerätekosten, günstige Verbindungstarife oder sogar zeitunbegrenzte Nutzungsmöglichkeit zum Festpreis, sogenannte Flatrates, wird sich für immer mehr Menschen die Chance bieten, im Netz recherchieren und kommunizieren zu können.
Zusätzliche Förderung erfährt dieser Trend durch Bestrebungen auf deutscher
und europäischer Ebene: Die Initiative eEurope etwa soll "in erster Linie
jeden Bürger, jeden Haushalt und jede Schule, jedes Unternehmen und jede Verwaltung
ans Netz führen; ein digital mündiges Europa mit einer Unternehmenskultur schaffen,
die zur Finanzierung und Entwicklung neuer Ideen bereit ist; gewährleisten,
daß der Gesamtprozeß alle Schichten erfaßt, das Vertrauen der Verbraucher gewinnt
und den sozialen Zusammenhalt stärkt." (Kommission der Europäischen Gemeinschaften
2000, S. 2).
Diese Forderungen sollen durch genaue Zielvorgaben und deren jährlichen überprüfung
bis zum Ende des Jahres 2003 realisiert werden.
Trotz dieser Initiativen zur Förderung von Internetzugängen wird aber vor allem in der Dritten Welt den meisten Menschen der Zugang zum Netz und somit zu einer nicht unerheblichen Wissens- und Kommunikationsressource verschlossen bleiben.
Zunehmend wird in den Medien bei aktuell entdeckten Computerviren gewarnt; der im Mai 2000 aufgetauchte Email-Virus mit der Betreffzeile "I love you" inspirierte den SPIEGEL für die Ausgabe 20/2000 sogar zu einem Titelbericht zum Thema Viren und Sicherheit im Netz. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht von neuen Viren oder Sicherheitslücken in Anwendungen berichtet wird (vgl. etwa: http://www.heise.de/newsticker/ oder http://www.bsi.de/).
Tatsächlich geht von Viren, fehlerhafter Software und Spionageprogrammen eine ernstzunehmende Gefährdung für Anbieter von Internetservices als auch für den Endverbraucher aus: Daten können über vermeintlich sichere Verbindungen ausspioniert und mißbraucht werden, zudem können Hard- und Software durch Angriffe von außen Schaden nehmen oder völlig zerstört werden bzw. große Netzwerke durch sogenannte DOS-Angriffe (denial of service) wie zum Beispiel Kettenreaktionen beim Verschicken von Mails lahmgelegt werden.
Das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik nennt als Hauptgefährdungen unter anderem Programmierfehler bei Software, sogenannte trojanische Pferde (die Passwörter und persönliche Daten unbeobachtet an andere Nutzer weiterversenden), Abfang von Daten auf dem Weg zu ihrem Ziel, leicht zu erratende Passwörter wie etwa den eigenen Vornamen und aktive Inhalte wie Java oder ActiveX auf Webseiten, die vom Anwender unbemerkt Programme starten können (vgl. Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik 2001).
Wenn auch in Boulevardmedien immer wieder das Bild vom findigen Hacker gemalt wird, der mit seinem Wissen im Handumdrehen auch die bestmöglichst gesicherten Systeme knacken kann, so ist es doch mit einigen einfachen Mitteln möglich, sich relativ sicher im Netz zu bewegen. Als Schutzmöglichkeiten gelten etwa die Kontrolle der Internetverbindung (um die automatische Herstellung einer Verbindung durch sogenannte 0190-Dialer zu vermeiden, die zu deutlich höheren Preisen als seriöse Serviceprovider abrechnen), das Löschen ungenutzter Programme, Blockieren der automatischen Ausführung von aktiven Inhalten auf WWW-Seiten und die Auswahl "guter", nicht offensichtlicher Passwörter (vgl. Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik 2001).
Zudem sollte man es sich zur Angewohnheit machen, eingegangene Mails und deren
Anhänge nicht automatisch zu öffnen oder vom Mailprogramm öffnen zu lassen;
Das automatische öffnen und Ausführen von Anhängen kann bei jedem Mailprogramm
mit mehr oder weniger Aufwand deaktiviert werden.
Eine Möglichkeit, um im Mailverkehr größtmögliche Anonymität zu erreichen, ist
der Einsatz sogenannter Verschlüsselungsprogramme wie etwa PGP (Software unter
http://www.pgpi.org, umfangreiche mehrsprachige Beschreibungs- und Konfigurationbeschreibungen
unter http://www.pgpi.org/products/pgp/language/). Der Empfänger erhält einen
Schlüssel, mit dem er die verschlüsselte Mail lesbar machen kann.
Zur großen Verbreitung von Emailviren trägt weniger die Raffinesse der Virenprogrammierer bei; die meisten derzeit kursierende Viren basieren auf bereits bekannten und nicht wirklich neuen Strickmustern. Vielmehr ist der Grund für die Gefährdung neben nicht vorhandener, veralteter bzw. falsch konfigurierte Schutzsoftware (wie etwa Firewall und Antivirenprogrammen) vor allem die Unwissenheit und Neugierde der Anwender. Wer würde schon nicht gerne wissen, was sich hinter dem Emailanhang einer Mail verbirgt, deren Betreff verheißungsvoll "Britney Spears - just enjoy it!" verspricht?
Daß die Verbreitung von Viren in nächster Zeit abnehmen wird, bleibt kaum zu hoffen. Vielmehr wird es zunehmend Aufgabe des Nutzers selbst sein, sich ein Basiswissen über Schutzmöglichkeiten zu erwerben und entsprechend zu handeln. Unterstützt werden kann und sollte er dabei von vertrauenswürdigen Informationsquellen wie etwa den Internet Service Providern oder Institutionen, die Aufklärungsarbeit in dieser Richtung zu ihren Aufgaben zählen sollten.
"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild
frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus
allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten."
(Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 5 (1))
Die Möglichkeit, im Netz publizieren zu können, macht es zu einem Medium, in dem Themengebiete und Sachverhalte auf vielfältige Weise dargestellt werden können - ein Vorteil und Nachteil zugleich, da sich so über nahezu alle nur denkbaren Themen Informationen im Internet finden, die sich aber in ihrer Präsentation und ihrem Wahrheitsgehalt sehr unterscheiden. Dies führt zu einer großen Spanne der Qualität von Internetangeboten (vgl. IV 3. dieser Arbeit).
Bereits beim Thema Sicherheit im Netz zeigt sich, daß der Nutzer persönlich für einen großen Teil seines Handels im Netz Verantwortung übernehmen muß, um nicht selbst Schaden zu nehmen oder andere zu gefährden. Es liegt an ihm, Gefahren zu erkennen und sich davor zu schützen. Ebenso muß er selbst mit dem Medium und seinen Inhalten umzugehen wissen, um es sinnvoll und erfolgreich nutzen zu können - eine Zensur von außen wäre eine Beschränkung der Meinungsfreiheit.
Ausdrücklich ausgenommen von der Freiheit der Meinungsäußerung sind Publikationen, die gegen allgemeine Gesetze verstoßen oder ehrverletzend sind. Hier wiederum zeigt sich die Besonderheit, die das Internet durch seine Globalität hat: Was in einem Land verboten ist, kann woanders legal sein, und je nach Gesetzesauslegung können Inhalte weiter bestehen bleiben, wenn nur die jeweilige Gesetzeslage in dem Land, wo der Server mit den Internetangeboten angesiedelt ist, diese Inhalte erlaubt. Eine Einigung besteht lediglich im kleinsten gemeinsamen Nenner dieser Gesetzgebung, wie etwa bei Kinderpornographie oder extrem gewaltverherrlichenden Darstellungen, die in nahezu allen Ländern verboten ist (vgl. Debatin 1999).
Vor allem in der Debatte um Jugendschutz im Internet wird deutlich, wie groß
die Unklarheit darüber ist, was gezeigt werden darf und was verboten werden
soll. Filtersoftware etwa unterscheidet sich durch die Auswahlroutinen, nach
der sie Angebote blockiert und zuläßt: Bei einigen wird nach Wörtern im Text
der jeweiligen Seiten gefahndet, die auf Jugendgefährdung hindeuten (somit blockt
man mit dem Sperrwort "Sex" zwar pornographische Seiten, aber auch wertvolle
Aufklärungsangebote), andere lassen keine Verbindung zu bestimmten, als gefährdend
bekannten oder gemeldeten IPs zu (mit einem Filter dieser Art wurde mir selbst
auch der Zugang zu "harmlosen" Seiten, wie etwa einer Literaturseite verwehrt,
da sie die IP eines vormals jugendgefährdenden Angebots übernommen hatte).
Zudem besteht bei jedem installierten Filterprogramm die Gefahr, daß es trotz
aller Sicherheitssperren komplett außer Funktion gesetzt werden kann.
Der einzige Weg kann meiner Meinung nach nur Aufklärung und das Vermitteln von Wissen und Techniken sein. Sowohl Jugendliche als auch erwachsene Neueinsteiger müssen auf Gefahren aufmerksam gemacht und befähigt werden, das Internet und seine Inhalte kritisch zu hinterfragen. Nur so kann ihnen mit dem Internet ein zugleich mächtiges und gefahrenminimiertes Instrument zur Information und Kommunikation in die Hand gegeben werden.
Die wenigsten Betroffenen, die sich mit anderen im Internet austauschen, erwarten sich davon professionelle Beratung oder gar eine komplette Therapie (vgl. Kestler 1998, S. 37 und Jaeger 1998, S. 50). Charakterisiert man die Interaktion im Netz als Selbsthilfe im herkömmlichen Sinn (vgl. nächster Punkt), so wird deutlich, daß Selbsthilfe im Internet genau wie die Selbsthilfe, die in konventionellen Gruppen stattfindet, keinen Ersatz für professionelle Hilfe leisten kann (vgl. Motsch 1996, S. 117).
Vielmehr steht der Erfahrungsaustausch unter Menschen mit ähnlichen Problemlagen und emotionales Verständnis im Vordergrund; die Mailingliste und andere Kommunikationswege werden nicht als ersetzendes, sondern als ergänzendes Medium zu der konventionellen Therapie gesehen: "Sie [Newsgroup und Mailingliste, NP] sind keine Konkurrenz für ihn [den Therapeuten, NP] und für meine Therapie, sondern Bereicherung und Ergänzung. Mir kommt es manchmal so vor, daß meine Therapie intensiver geworden ist." (Jaeger 1998, S. 51). Durch entsprechenden Austausch mit anderen kann das Internet als Medium genutzt werden, um sich schließlich für eine bestimmte Therapie, Behandlungsform oder für die Unterstützung durch eine konventionelle Selbsthilfegruppe zu entscheiden (vgl. Winni 1998, S. 78).
Ob und wie nun erfolgreiche professionelle Beratung und Therapie in allen Fällen auch über das Medium Internet stattfinden können, wird an vielen Stellen rege untersucht (vgl. Janssen 1998, Lorz 2000 u. v. a. m.).
Geht man von den Merkmalen und Leistungen aus, die der Selbsthilfe im Allgemeinen zugeschrieben werden, so sind die oben beschriebenen Austauschmöglichkeiten für Betroffene klar als Selbsthilfe zu bewerten: Die informelle Ebene sowie die Gleichstellung der Nutzer, kostenlose Teilnahme, die Wichtigkeit der Gruppe ebenfalls Betroffener zum Erarbeiten eigener Problembewältigungsstrategien sowie Gespräche, Weitergabe eigener Erfahrungen und wechselseitige Hilfe als Schwerpunkte sind Kennzeichen von Selbsthilfegruppen (vgl. Wohlfahrt & Breitkopf 1995, S. 44), die sich auch im virtuellen Austausch Betroffener wiederfinden - lediglich die Nähe zu den jeweiligen Wohnorten der Teilnehmer wird durch das Medium unwichtig.
Die Kommunikation Betroffener im Internet kann ähnliche Möglichkeiten bieten wie sie "real life"-Selbsthilfegruppen zugeschrieben werden (vgl. Motsch 1996, S. 114 f.): Stabilisierung auf psychosozialer Ebene und Aufheben der sozialen Isolation können in konventionellen Gruppen wie auch im Internet stattfinden, Sekundärprävention im Sinne eines Rückfalles bei Suchterkrankungen kann durch die gute Erreichbarkeit der "Onliner" in virtuellen Gemeinschaften womöglich sogar besser stattfinden als in Gruppen (da die Hemmschwelle, jemanden telephonisch zu erreichen, unter Umständen größer ist als jemanden anzusprechen, von dem man sieht, daß er gerade online ist).
Die Hilfe bei der Bewältigung des Alltags erfolgt über das Internet indirekter als bei Treffen von Selbsthilfegruppen: Ein reales Treffen für Onliner zu organisieren, die zum Beispiel an einer Panikermailingliste teilnehmen, damit sie sich dann bei dem Treffen gegenseitig in schwierigen Situationen unterstützen können, bedeutet einen erheblichen Aufwand an Koordination und Organisation, der in Selbsthilfegruppe nicht anfällt. Allerdings berichten Schreiber in den Listen von ihren Erfolgserlebnissen (wie etwa eine Bahnfahrt oder alleine Einkaufen gehen), so daß daraufhin eine positive Wirkung auf die anderen Teilnehmer entsteht, die von Mitfreuen über diese Erfolge bis hin zum Stecken eigener Ziele reicht ("x ist alleine Bahn gefahren, und morgen werde ich versuchen, in Begleitung in ein Café zu gehen!").
Die eigene Betroffenheit und die Motivation, primär für sich selbst etwas zu verändern, läßt einige Aspekte, die Selbsthilfegruppen übernehmen, im Internet vorerst in den Hintergrund treten, da die lose Struktur und hohe Fluktuation von Internet-Communities die Realisierung erschwert, wie dies etwa bei Prävention, Angehörigenarbeit, Interessensvertretung/ Lobbyarbeit und öffentlichkeitsarbeit (vgl. Motsch 1996, S. 115 f.) der Fall ist. Durch eigene Internetseiten, die einigen Mailinglisten und Foren angegliedert sind oder von einzelnen Betroffenen selbst erstellt wurden, decken manche Internetangebote für Ratsuchende im psychosozialen Sektor auch diese Aufgaben konventioneller Selbsthilfegruppen ab.
Aus dieser großen ähnlichkeit und Nähe von Internetangeboten für Betroffene und herkömmlicher Selbsthilfe ergeben sich meines Erachtens auch für Förderer von Selbsthilfe neue Chancen, Aufgaben und Ansätze, wie etwa für Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen, Krankenkassen und Professionelle.
Informelle Zusammenschlüsse von Ratsuchenden, die sich im und über das Internet
gebildet haben, sollten auch von den Förderern konventioneller Selbsthilfe wahrgenommen
werden und für sie über das Internet erreichbar sein. Im April 2000 verfügten
von den 236 örtlichen Selbsthilfeeinrichtungen, die bei der Nationalen Kontakt-
und Informationsstelle Nakos (http://www.nakos.de) genannt werden, lediglich
21,2% über eine Internetadresse und nur knapp ein Viertel über eine Mailadresse
(vgl. Thiel 2000).
Die Gelegenheit, sich selbst über die Angebote für Betroffene zu informieren,
die das Internet bereithält, entfällt somit für viele Stellen genauso wie die
Möglichkeit der schnellen Kontaktaufnahme von Betroffenen, die sich nach ihren
Erfahrungen im Internet für konventionelle Selbsthilfe in einer örtlichen Gruppe
interessieren.
Kontaktstellen und professionelle Helfer wirken gegenüber Ratsuchenden als Multiplikatoren. Sie sind es, die auf Angebote und Hilfsmöglichkeiten hinweisen und dienen somit als wichtige Orientierungs- und Entscheidungshilfe für Betroffene. Durch sie können Betroffene entweder im persönlichen Kontakt zur Stelle oder über die Webseite der Kontaktstelle auf Angebote im Internet hingewiesen werden und erfahren damit eine Erweiterung ihres Entscheidungs- und Handlungsspielraumes.
Ebenso können Kontaktstellen und professionelle Einrichtungen Selbsthilfe im Internet aktiv fördern, indem sie Infrastruktur zur Verfügung stellen. Das kann zum einen durch Hilfe bei der Präsentation von im Internet existierenden Selbsthilfegruppierungen geschehen (wie etwa überlassen von Speicherplatz für eine Homepage zu einem bestimmten Thema) oder durch ein eigenes Angebot von Rechnern mit Internetanschluß in der Kontaktstelle, damit sich Ratsuchende ohne eigenen Zugang einen Einblick in die Möglichkeiten des Internet verschaffen können.
Selbsthilfe und der Austausch Betroffener über das Internet unterscheidet sich in einigen Wesenszügen von "face-to-face"-Selbsthilfe, ist ihr aber in vielen Punkten erstaunlich ähnlich. Für Betroffene kann diese Art der Hilfe neue Schwierigkeiten aufwerfen, die jedoch zumeist technischer Natur sind bzw. im Medium selbst begründet sind; durch entsprechende Maßnahmen (z. B. Erlernen vom Umgang mit dem Medium und Minimieren von Sicherheitslücken) sind diese jedoch in den Griff zu bekommen.
Ist dies geschehen, so bewerte ich das Internet als ein Kommunikationsinstrument, das für Menschen mit psychischen Problemen deutlich mehr Vorteile als Nachteile aufweist: schnelle Verfügbarkeit von vielen, teils hochwertigen Informationen, Kontakt trotz räumlicher Distanz, geschützte Räume und die Möglichkeit zur Anonymität sind Eigenschaften des Mediums, die in anderen Settings nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen und im Fall der persönlichen Betroffenheit bei manchen Problemlagen hohe Wertschätzung erfahren.
Wenn auch das Internet Vorteile bietet, die andere Beratungs- und Hilfewege nicht aufweisen, so kann es nicht als Ersatz für diese gelten, sondern lediglich ergänzend bzw. als Weg zu anderen Lösungsansätzen stehen: Der Austausch in einer Mailingliste ersetzt nicht eine notwendige Therapie, wie viele Betroffene selbst äußern (vgl. IX 1.); auch taucht bei vielen Mailinglisten- und Forenteilnehmern mit der Zeit der Wunsch auf, ihre Problemlage in einer ortsansässigen Selbsthilfegruppe im persönlichen Kontakt mit anderen anzugehen.
Und doch ist oft ein erstes Informieren im Internet und die Erfahrung, dort verstanden zu werden und mit dem Problem nicht allein zu sein, der Anstoß dafür, andere Hilfen in Anspruch zu nehmen. Aus diesem Grund sollte das Medium sowohl von professioneller Seite wie Sozialarbeitern, Kliniken und therapeutischem Fachpersonal stärker genutzt, ernstgenommen und als wichtige Ergänzung zum eigenen Angebot wahrgenommen werden.
Die Stärken des Internet sind seine Informationsfülle, die technischen
Möglichkeiten und die "Anarchie" des Mediums mit dem Publizieren
ohne übergeordnete Kontrolle (sofern der Inhalt nicht geltendem Recht widerspricht).
Und in eben diesen Punkten liegen auch seine Schwächen: Informationen müssen
mühsam gefiltert und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden,
Gefahren wie Sicherheitslücken, Weitergabe von persönlichen Daten
und Viren müssen vom Nutzer selbst erkannt und unterbunden werden.
Um die Nachteile nicht gegenüber der Vorteile überwiegen zu lassen, ist es die Aufgabe des Einzelnen und der Gesellschaft, Wissen und Techniken zu erlernen und zu vermitteln, die aus dem Medium Internet eine Informationsquelle macht, aus der jeder selbständig die Dinge beziehen kann, mit denen er zu der für ihn idealen Problemlösung gelangen kann.
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